17.06.2019 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur Anwendung des § 333 Abs 3 ASVG auf Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen

Nur für Eisenbahnverkehrsunternehmen besteht Versicherungspflicht, sodass § 333 Abs 3 ASVG insofern anwendbar ist, nicht aber für Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Gefährdungshaftung, Eisenbahn, Betriebsunternehmer, Eisenbahninfrastrukturunternehmen, Eisenbahnverkehrsunternehmen, Dienstgeberhaftungsprivileg, Einordnung in Betrieb, Haftpflichtversicherung
Gesetze:

 

§ 2 EKHG, § 5 EKHG, § 333 ASVG, §§ 14 ff EisbG, § 51 BundesbahnG

 

GZ 2 Ob 238/17i, 29.01.2019

 

OGH: Für den Haftungsausschluss nach § 333 Abs 1 ASVG kommt es nicht auf die konkrete Gestaltung eines Vertragsverhältnisses an. Es ist nicht einmal erforderlich, dass ein solches überhaupt besteht; entscheidend ist nur das Tätigwerden in der Sphäre des Unternehmers. Auch wenn einander 2 Unternehmer als Vertragskontrahenten gegenüberstehen, kann es daher zum Haftungsausschluss kommen, wenn der Verletzte die Sphäre seines eigenen Betriebs verlässt und sich in den Aufgabenbereich des anderen Unternehmens, wenn auch uU nur kurzfristig, einordnet. Der Verletzte muss bei Verrichtung dieser Tätigkeit in den fremden Betrieb eingegliedert sein; ein Verhältnis persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit ist dabei nicht erforderlich. Das gilt insbesondere dann, wenn mehrere Unternehmen zur Erzielung eines Arbeitserfolgs zusammenwirken. Werden dabei Arbeitnehmer eines Unternehmens in den Betrieb eines anderen derart eingegliedert, dass sie dessen Weisungen zu befolgen haben, so ist das andere Unternehmen als bevollmächtigter Vertreter des Arbeitgebers iSd § 333 Abs 4 ASVG anzusehen. Das kann auch bei der Zusammenarbeit von Werkunternehmer und Werkbesteller zutreffen. Eine solche Konstellation liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn ein Werkbesteller Arbeitnehmern des Werkunternehmers Weisungen erteilt, um Gefahren aufgrund der faktischen Berührung mit seinem (sonstigen) Betrieb oder Störungen des Betriebsablaufs abzuwenden. Vielmehr muss sich diese Weisungsbefugnis tatsächlich auf das Erzielen des gemeinsam angestrebten Erfolgs beziehen.

 

Zwar trifft ein Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen aufgrund gesetzlicher Bestimmung (§§ 1, 5 EKHG) eine erhöhte Haftpflicht. Aus der Regelung, dass die Haftung mit der Höhe einer bestehenden Versicherungssumme begrenzt ist, wird jedoch abgeleitet, dass § 333 Abs 3 ASVG bei fehlender Versicherungspflicht nicht anwendbar ist.

 

Die Erteilung einer Verkehrsgenehmigung (§ 15b Abs 1 Z 4 EisbG) und einer Verkehrskonzession (§ 16b Abs 1 Z 4 EisbG) setzt aber das Bestehen einer „ausreichenden“ Haftpflichtversicherung voraus. Damit besteht auch für Eisenbahnverkehrsunternehmen Versicherungspflicht, sodass § 333 Abs 3 ASVG insofern anwendbar ist. Ein vergleichbares Erfordernis gilt jedoch für Infrastrukturunternehmen nicht. Denn eine Haftpflichtversicherung ist weder als Voraussetzung für die Erteilung einer Konzession zum Bau und Betrieb von Hauptbahnen iSv § 14 Abs 1 Z 2 EisbG vorgesehen, noch enthält das BundesbahnG für die keiner solchen Konzession bedürfende (§ 51 BundesbahnG) Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen eine entsprechende Anordnung. Damit ist § 333 Abs 3 ASVG in Bezug auf Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen nicht anwendbar.