OGH: Behauptete einseitige Disposition eines Ehegatten über eheliche Ersparnisse zum Nachteil des anderen – Ausgleich von Benachteiligungen iSd § 91 EheG
Wer behauptet, dass die Verringerung von (Gebrauchsvermögen oder) Ersparnissen eine Maßnahme gewesen sei, die nach den Umständen vermutlich auch bei aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft nicht anders getroffen worden wäre, dem obliegt der Beweis hiefür; dies gilt umsomehr für die Behauptung, es sei eine zumindest stillschweigende Zustimmung des anderen vorgelegen
§ 91 EheG
GZ 1 Ob 70/19d, 30.04.2019
OGH: Bei einseitiger Verwendung von ehelichen Ersparnissen kann die Anwendung des § 91 Abs 1 EheG in Betracht kommen. Eine einseitige Disposition eines Ehegatten über eheliche Ersparnisse zum Nachteil des anderen ohne dessen ausdrückliche und stillschweigende Zustimmung widerspricht der Zielsetzung des Gesetzes. Wer behauptet, dass die Verringerung von (Gebrauchsvermögen oder) Ersparnissen eine Maßnahme gewesen sei, die nach den Umständen vermutlich auch bei aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft nicht anders getroffen worden wäre, dem obliegt der Beweis hiefür; dies gilt umsomehr für die Behauptung, es sei eine zumindest stillschweigende Zustimmung des anderen vorgelegen. Der Mann konnte im gegenständlichen Fall den ihm obliegenden Beweis erbringen.
Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass ausgehend von der Feststellung, die Abfertigung sei von den Parteien gemeinsam im Einvernehmen ausgegeben worden, diesbezüglich weder aufzuteilende eheliche Ersparnisse vorlägen noch Anlass für einen Ausgleich nach § 91 Abs 1 EheG bestünde, ist nicht zu beanstanden, sodass auch nicht zu prüfen ist, in welchem Ausmaß der Abfertigungsbetrag als eheliche Errungenschaft zu betrachten wäre. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen steht zu großen Teilen fest, wofür die Abfertigung ausgegeben wurde. Sie ist einerseits nicht mehr vorhanden und andererseits wurden die Ausgaben im Einvernehmen der Parteien getätigt, sodass jedenfalls die Zustimmung der Frau zu den Ausgaben vorliegt. Damit scheidet eine Einbeziehung „des Fehlenden“ nach § 91 Abs 1 EheG in die Aufteilung aus.