OGH: Zur Frage, ob eine zur schlüssigen Geltendmachung des Rechtsgrundes der laesio enormis notwendige Präzisierung des Vorbringens nach Ablauf der Verjährungsfrist eine Verjährung dieses Rechtsbehelfs nach sich zieht
Es war Sache des Klägers, den Verkehrswert der Kaufsache und Umstände, die ein Missverhältnis der Leistungen begründen, darzutun; die Auffassung der Vorinstanzen, dies sei hier – wenn auch in vervollständigungsbedürftigem Umfang – im Kern bereits in der Klage passiert, ist keine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung; der Kläger behauptete unter Schilderung des Sachverhalts bereits in der Klage, die vereinbarte Bebaubarkeit der Grundflächen sei de facto und de iure nicht gegeben und stützte sein Klagebegehren – ua – ausdrücklich auf „laesio enormis“, also den Fachbegriff, der auch in tatsächlicher Hinsicht zum Ausdruck bringt, dass das Grundstück weniger als die Hälfte des Kaufpreises wert ist; über Erörterung durch das Erstgericht präzisierte und vervollständigte der Kläger dieses Vorbringen – nach der vom Gericht beschlossenen Unterbrechung des Verfahrens wegen des Naturschutzverfahrens – dann mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2015 ausführlich und ergänzte letztlich das zunächst allein gestellte Begehren auf Rückzahlung des Kaufpreises um ein Aufhebungsbegehren samt Zug-um-Zug-Rückabwicklung; einen neuen Anspruch iSd Rechtssatzes RS0034954 machte der Kläger hingegen nicht geltend; auch die Aufnahme des Begehrens auf Aufhebung des Vertrags zusätzlich zum Leistungsbegehren änderte den Streitgegenstand nicht; damit waren weder die Präzisierung des Vorbringens im Schriftsatz vom 15. Dezember 2015 noch die Ergänzung um das Begehren auf Aufhebung des Kaufvertrags in der Tagsatzung vom 13. Juli 2018 als Klageänderung iSd § 235 ZPO zu werten; dass bereits die Klage den Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist unterbrochen hat, ist nicht korrekturbedürftig
§ 934 ABGB, § 1487 ABGB, § 1497 ABGB, § 235 ZPO
GZ 5 Ob 29/19d, 25.04.2019
OGH: Gem § 1487 ABGB muss die Einwendung der laesio enormis innerhalb von drei Jahren nach Vertragsabschluss erhoben werden. Gem § 1497 ABGB wird die Verjährung durch Klage unterbrochen. Für die Unterbrechungswirkung der Verjährung ist das tatsächlich und eindeutig erhobene Klagebegehren zu berücksichtigen. Der geltend gemachte Anspruch wird dabei durch den Urteilsantrag umschrieben, der bei Geldschulden ziffernmäßig genau bestimmt sein muss. Sind nur Daten ergänzungsbedürftig, kann die Unvollständigkeit im Rahmen materieller Prozessleitung ohne weiteres behoben werden, ohne dass die Unterbrechungswirkung beeinträchtigt ist; die nachträgliche Ergänzung der mangelhaften Klage wirkt auf den Zeitpunkt der Klageeinbringung zurück. Auch wenn wegen eines unbestimmten, aber bezifferten Klagebegehrens oder wegen Fehlens einer näheren Aufschlüsselung verbessert wird, fällt die Unterbrechungswirkung des § 1497 ABGB bei bloßer Vervollständigung ergänzungsbedürftigen Klagevorbringens nicht weg. Nur dann, wenn ein Anspruch erst mit Klageänderung geltend gemacht wird, ist für die Unterbrechungswirkung nicht die Einbringung der ursprünglichen Klage, sondern das Wirksamwerden der Änderung der Klage entscheidend. Die Frage, ob von einer für die Verjährungsunterbrechung maßgeblichen bloßen Sachverhaltsergänzung oder doch von einer Klageänderung auszugehen ist, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden, dies gilt auch grundsätzlich für die Frage der Auslegung von Prozessvorbringen. Eine erhebliche Rechtsfrage läge nur im Fall einer groben Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht vor, die hier nicht zu erkennen ist:
Klagegrund iSd § 235 ZPO ist jener Kern im tatsächlichen Vorbringen, den der Kläger nicht ändern kann ohne von einem Anspruch auf einen anderen zu greifen, sodass eine Klageänderung dann vorliegt, wenn der Kläger sein Tatsachenvorbringen, aus dem er die Ansprüche ableitet, in seinem Kern ändert. Die bloße Ergänzung mangelhaften Vorbringens durch die Behauptung der den Klageanspruch nunmehr schlüssig begründenden Tatsachen bewirkt daher keine Klageänderung iSd § 235 ZPO, dies betrifft etwa den Fall der Schlüssigstellung der Klage.
Es war Sache des Klägers, den Verkehrswert der Kaufsache und Umstände, die ein Missverhältnis der Leistungen begründen, darzutun. Die Auffassung der Vorinstanzen, dies sei hier – wenn auch in vervollständigungsbedürftigem Umfang – im Kern bereits in der Klage passiert, ist keine auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung. Der Kläger behauptete unter Schilderung des Sachverhalts bereits in der Klage, die vereinbarte Bebaubarkeit der Grundflächen sei de facto und de iure nicht gegeben und stützte sein Klagebegehren – ua – ausdrücklich auf „laesio enormis“, also den Fachbegriff, der auch in tatsächlicher Hinsicht zum Ausdruck bringt, dass das Grundstück weniger als die Hälfte des Kaufpreises wert ist. Über Erörterung durch das Erstgericht präzisierte und vervollständigte der Kläger dieses Vorbringen – nach der vom Gericht beschlossenen Unterbrechung des Verfahrens wegen des Naturschutzverfahrens – dann mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2015 ausführlich und ergänzte letztlich das zunächst allein gestellte Begehren auf Rückzahlung des Kaufpreises um ein Aufhebungsbegehren samt Zug-um-Zug-Rückabwicklung. Einen neuen Anspruch iSd Rechtssatzes RS0034954 machte der Kläger hingegen nicht geltend. Auch die Aufnahme des Begehrens auf Aufhebung des Vertrags zusätzlich zum Leistungsbegehren änderte den Streitgegenstand nicht. Damit waren weder die Präzisierung des Vorbringens im Schriftsatz vom 15. Dezember 2015 noch die Ergänzung um das Begehren auf Aufhebung des Kaufvertrags in der Tagsatzung vom 13. Juli 2018 als Klageänderung iSd § 235 ZPO zu werten. Dass bereits die Klage den Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist unterbrochen hat, ist nicht korrekturbedürftig.
Erstmals in der Revision rügt der Beklagte, ihm sei die Ersetzungsbefugnis nicht angeboten worden. Die Erklärung des Beklagten, das zum gemeinen Wert Fehlende nachtragen zu wollen, muss aber bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung abgegeben werden, wäre diese doch im Urteil zu berücksichtigen. Eine derartige Erklärung des Beklagten im Verfahren erster Instanz liegt aber nicht vor.