OGH: Laesio enormis und Gewährleistungsanspruch
Nach Rsp und überwiegender Lehre stehen das Gestaltungsrecht zur Vertragsaufhebung wegen Verkürzung über die Hälfte und die Ansprüche wegen Gewährleistung miteinander in voller Konkurrenz, sodass der Aufhebungsanspruch nach § 934 ABGB auch dann geltend gemacht werden kann, wenn die gekaufte Sache infolge eines schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegenden Mangels, der einen Gewährleistungsanspruch begründen könnte, weniger als die Hälfte des Kaufpreises wert ist; der OGH sprach zu 10 Ob 21/07x für den Fall eines behebbaren Mangels einer Speziessache aus, dass dieser bei Ermittlung des objektiven Werts der gekauften Sache zur Prüfung des Wertmissverhältnisses nach § 934 ABGB nicht außer Betracht bleiben dürfe; selbst nachträgliche Verbesserungen der Sache könnten das Anfechtungsrecht des Verkürzten nicht beseitigen
§ 934 ABGB, §§ 922 ff ABGB
GZ 5 Ob 29/19d, 25.04.2019
OGH: § 934 ABGB räumt demjenigen, der bei zweiseitigen verbindlichen Geschäften nicht einmal die Hälfte dessen, was er dem anderen gegeben hat, von diesem an gemeinem Wert erhalten hat, das Recht ein, die Aufhebung und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern. Die Bestimmung verlangt ein krasses objektives Wertmissverhältnis, dabei ist auf den Vertragsabschlusszeitpunkt abzustellen, nicht auf einen etwaigen späteren Leistungszeitpunkt. Nachträgliche Erfüllungsmängel haben bei Prüfung der laesio enormis unbeachtet zu bleiben. Nach Rsp und überwiegender Lehre stehen das Gestaltungsrecht zur Vertragsaufhebung wegen Verkürzung über die Hälfte und die Ansprüche wegen Gewährleistung miteinander in voller Konkurrenz, sodass der Aufhebungsanspruch nach § 934 ABGB auch dann geltend gemacht werden kann, wenn die gekaufte Sache infolge eines schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegenden Mangels, der einen Gewährleistungsanspruch begründen könnte, weniger als die Hälfte des Kaufpreises wert ist. Der OGH sprach zu 10 Ob 21/07x für den Fall eines behebbaren Mangels einer Speziessache aus, dass dieser bei Ermittlung des objektiven Werts der gekauften Sache zur Prüfung des Wertmissverhältnisses nach § 934 ABGB nicht außer Betracht bleiben dürfe. Selbst nachträgliche Verbesserungen der Sache könnten das Anfechtungsrecht des Verkürzten nicht beseitigen.
Dass die Vorinstanzen bei der Ermittlung des Verkehrswerts der verkauften Grundstücke auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 18. Mai 2012 abstellten und dabei berücksichtigten, dass die Liegenschaft entgegen dem aus den Feststellungen erschließbaren Parteiwillen nicht völlig unbeschränkt iSd Vorgaben des Klägers bebaubar ist, hält sich im Rahmen dieser Rsp. Dass sie auf die bloß theoretische Möglichkeit der Transplantierbarkeit des Biotops auf ein anderes Grundstück bei der Bewertung nicht Bedacht nahmen, folgt den Grundsätzen der Entscheidung 10 Ob 21/07x und ist daher nicht zu beanstanden. Im Übrigen konnte das Erstgericht nicht feststellen, dass dem Kläger die Transplantation zu einem wirtschaftlich vertretbaren Preis möglich und ein geeignetes Grundstück überhaupt verfügbar gewesen wäre. Daher steht nicht einmal fest, dass eine Verbesserungsmöglichkeit gegeben gewesen wäre.