VwGH: Kündigung (wegen pflichtwidrigen Verhaltens) des provisorischen Dienstverhältnisses (NÖ LBG)
"Die in Verhandlung stehende Angelegenheit" iSd § 59 Abs 1 erster Satz AVG ist im Kündigungsverfahren nach § 10 Abs 2 BDG der Ausspruch der Kündigung (Auflösung des provisorischen Dienstverhältnisses durch Willensakt des Dienstgebers) und die Festlegung der Wirksamkeit der Kündigung (unter Beachtung der Kündigungsfrist) mit dem Ablauf eines Kalendermonates; diese Verfügungen sind daher im Spruch zu treffen; das Vorliegen eines Kündigungsgrundes ist ein Rechtmäßigkeitserfordernis der Kündigung, das in der Begründung näher darzulegen ist; an dieser zu § 10 Abs 2 BDG ergangenen Rsp, die auch auf § 15 NÖ LBG übertragbar ist, hält der VwGH fest, sodass sich in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt; eine Abstandnahme von einer Kündigung nach § 15 NÖ LBG ist im Hinblick auf eine allfällige Möglichkeit, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, ausgeschlossen; das VwG war daher nicht gehalten, die Möglichkeit eines Disziplinarverfahrens zu prüfen, sodass sich aus der Unterlassung einer solchen Prüfung keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellen kann; selbst durch ein (Wohl-)Verhalten während eines längeren Zeitraums vor der Dienstpflichtverletzung wird diese dadurch nicht aufgehoben
§ 15 NÖ LBG, § 10 BDG, § 59 AVG § 1 DVG
GZ Ra 2019/12/0018, 27.03.2019
Der Revisionswerber macht geltend, der Bescheid der belBeh entspreche nicht dem Konkretisierungsgebot des § 59 AVG, weil im Spruch lediglich von einem "grob pflichtwidrigen Verhalten" des Revisionswerbers die Rede sei. Das verpönte Verhalten selbst werde im Spruch nicht näher konkretisiert, wodurch der Spruch des Bescheides mangelhaft geblieben sei.
Gem § 59 Abs 1 AVG (diese Bestimmung findet nach § 1 Abs 1 DVG auch im vorliegenden Verfahren Anwendung) hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar idR zur Gänze, zu erledigen.
Wie der VwGH zu einem Kündigungsverfahren bereits ausgesprochen hat, ist "die in Verhandlung stehende Angelegenheit" iSd § 59 Abs 1 erster Satz AVG der Ausspruch der Kündigung (Auflösung des provisorischen Dienstverhältnisses durch Willensakt des Dienstgebers) und die Festlegung der Wirksamkeit der Kündigung (unter Beachtung der Kündigungsfrist) mit dem Ablauf eines Kalendermonates. Diese Verfügungen sind daher im Spruch zu treffen. Das Vorliegen eines Kündigungsgrundes ist ein Rechtmäßigkeitserfordernis der Kündigung, das in der Begründung näher darzulegen ist. An dieser zu § 10 Abs 2 BDG ergangenen Rsp, die auch auf § 15 NÖ LBG übertragbar ist, hält der VwGH fest, sodass sich in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt.
Nach der stRsp des VwGH verfolgt die Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses den Zweck, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen und nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu nehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im allgemeinen ebenso wie in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen. Damit sollen alle sich nicht voll bewährenden Beamten noch vor Erlangung einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, ausgeschlossen werden. Dabei ist es gleichgültig, ob die Gründe, die zur Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses führen, eine längere oder eine kürzere Zeit zurückliegen; denn die Dienstbehörde hat nach dem Gesagten das Recht und die Pflicht, vor der Definitivstellung eines Beamten sein ganzes dienstliches oder außerdienstliches Verhalten zu prüfen. Vor dem Hintergrund dieser Rsp des VwGH kommt eine Verfristung der Kündigung nicht in Betracht.
Ebensowenig stellt sich eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iZm dem "Ursprung" der Dienstpflichtverletzung in einem außerdienstlichen Ereignis: Die Kündigung erfolgte wegen einer konkreten Dienstpflichtverletzung, nämlich der falschen Krankenstandsmeldung. Auch aus den Ausführungen zur behauptetermaßen fehlenden Prognose ergibt sich keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung: Die in der Zulässigkeitsbegründung zitierte Rsp betrifft die Definitivstellung nach § 178 BDG. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um eine Kündigung wegen pflichtwidrigen Verhaltens, wobei das LVwG eine bloße Geringfügigkeit der festgestellten Pflichtenverletzung verneint hat. Selbst durch ein (Wohl-)Verhalten während eines längeren Zeitraums vor der Dienstpflichtverletzung wird diese dadurch nicht aufgehoben.
Weiters hat der VwgH bereits ausgeführt, dass das Disziplinarrecht anderen Zielsetzungen als die Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses dient, sowie, dass eine Abstandnahme von einer Kündigung nach § 15 NÖ LBG im Hinblick auf eine allfällige Möglichkeit, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, ausgeschlossen ist. Das LVwG war daher nicht gehalten, die Möglichkeit eines Disziplinarverfahrens zu prüfen, sodass sich aus der Unterlassung einer solchen Prüfung keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellen kann.