19.05.2019 Verfahrensrecht

VwGH: § 30 Abs 2 VwGG – Antrag auf aufschiebende Wirkung iZm Auflassung einer Eisenbahnkreuzung

Von zwingenden öffentlichen Interessen iSd § 30 Abs 2 VwGG kann nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenslage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug des angefochtenen Bescheides gebieten; der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer behördlichen Maßnahme bestehen, berechtigt nicht schon ohne Weiteres zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten; hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als "zwingend" iSd genannten Gesetzesstelle ansehen zu können


Schlagworte: Aufschiebende Wirkung, Antrag, öffentliche Interessen
Gesetze:

 

§ 30 VwGG

 

GZ Ra 2019/03/0025, 13.03.2019

 

VwGH: Nach § 30 Abs 1 VwGG kommt einer Revision eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach § 30 Abs 2 VwGG hat der VwGH jedoch die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Nach der stRsp ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des VwG auszugehen. Unter den "Annahmen des Verwaltungsgerichts" sind hiebei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen. Nach der stRsp kann von zwingenden öffentlichen Interessen iSd § 30 Abs 2 VwGG im Übrigen nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenslage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug des angefochtenen Bescheides gebieten. Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer behördlichen Maßnahme bestehen, berechtigt nicht schon ohne Weiteres zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten. Hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als "zwingend" iSd genannten Gesetzesstelle ansehen zu können.

 

Auch wenn man mit der antragstellenden Revisionswerberin davon ausgeht, es bestehe an einer sofortigen Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses kein zwingendes öffentliches Interesse im dargelegten Sinn, ist damit für den Aufschiebungsantrag nichts gewonnen.

 

Diesfalls ist auf Basis der dargestellten Rechtslage in die Interessenabwägung einzutreten, die entscheidend von den im Aufschiebungsantrag zur Darlegung des "unverhältnismäßigen Nachteiles" vorgebrachten konkreten Angaben abhängt. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt. Die Anforderungen an die Konkretisierungspflicht sind streng.

 

Derart hat die Revisionswerberin - unabhängig vom Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses - in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre.

 

Die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils - wie vorliegend - verlangt dabei die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der ins Treffen geführten finanziellen Nachteile auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der Revisionswerberin. Erst diese ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung.

 

Eine solche Konkretisierung hat die antragstellende Revisionswerberin aber nicht vorgenommen. Damit kann nicht beurteilt werden, ob ihr bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus der Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses derartige wirtschaftliche Nachteile in einem solchen Ausmaß drohten, dass diese die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit iSd § 30 Abs 2 VwGG überstiegen.