OGH: Zur Fortsetzung von Prüfungsprozessen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens
Ein Prozess, der bei Konkurseröffnung bereits anhängig war, kann in jenem Umfang, in dem die Forderung vom Masseverwalter nicht bestritten und damit ein Teilnahmeanspruch festgestellt wird, nicht fortgesetzt werden; die Unzulässigkeit des Rechtswegs ist von Amts wegen wahrzunehmen
§ 110 IO, § 139 IO, § 235 ZPO
GZ 6 Ob 212/18x, 27.02.2019
OGH: Der Gläubiger hat seine Forderung zunächst im Insolvenzverfahren anzumelden. Wird sie bestritten, kann er gem § 110 IO Klage erheben. Dabei sind alle Änderungen in der Prüfungsklage unzulässig, die einer den Streitgegenstand modifizierenden Klagsänderung nach § 235 ZPO gleichkommen. Das Klagebegehren kann also nur auf den Grund, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben wurde, gestützt werden. Nur auf diese Weise kann die Identität der im Prüfungsprozess geltend gemachten mit der im Konkursverfahren angemeldeten Forderung festgestellt werden. Ein Austausch der rechtserheblichen Tatsachen ist im Prüfungsprozess ausgeschlossen. Um die Identität zwischen angemeldeter Forderung und dem Prozessgegenstand der Prüfungsklage beurteilen zu können, ist es erforderlich, dass bei der Anmeldung mehrerer Forderungen in der Forderungsanmeldung eine ziffernmäßige Aufschlüsselung erfolgt und die für die einzelnen Forderungen anspruchsbegründenden Tatsachen angeführt werden. Es reicht nicht aus, dass die Ansprüche der Höhe nach ident sind, wenn der Grund für deren Geltendmachung ein anderer, im Konkursverfahren nicht angemeldeter ist. § 110 IO steht somit einer Prüfungsklage entgegen, in der Ansprüche geltend gemacht werden, die aus der Forderungsanmeldung nicht abgeleitet werden können; ein dennoch durchgeführtes Verfahren wäre nichtig, die Klage zurückzuweisen. IdS besteht der Grundsatz, dass im Prüfungsprozess nur die Feststellung einer im Prüfungsverfahren bestrittenen Forderung zulässig ist, die in der Anmeldung ausreichend substantiiert und konkretisiert wurde. Wurde ein Teil der angemeldeten Konkursforderung vom Masseverwalter bei der Prüfungstagsatzung anerkannt, so fehlt es dem Gläubiger an einem Rechtsschutzinteresse betreffend eine Feststellungsklage für diese Teilforderung.
Wird der Konkurs während des Prüfungsprozesses aufgehoben, dann führt dies zu keiner Unterbrechung, sondern wird der mit dem Masseverwalter geführte Prüfungsprozess fortgesetzt, an die Stelle des Masseverwalters tritt wieder der frühere Schuldner. Bei Konkursaufhebung im Rechtsmittelstadium lebt ein ursprünglich gestelltes Leistungsbegehren wieder auf; das Begehren des Prüfungsprozesses ist - erforderlichenfalls auch von Amts wegen - in ein exekutionsfähiges Leistungsbegehren umzustellen. Auf die Tatsache der Konkursaufhebung und ihre Folgen ist in jeder Lage des Verfahrens Bedacht zu nehmen. Ein Prozess, der bei Konkurseröffnung bereits anhängig war, kann daher in jenem Umfang, in dem die Forderung vom Masseverwalter nicht bestritten und damit ein Teilnahmeanspruch festgestellt wird, nicht fortgesetzt werden. Die Unzulässigkeit des Rechtswegs ist auch vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen wahrzunehmen.