08.04.2019 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, wie bei einer nicht von der Höchstbetragsbürgschaft umfassten Erweiterung der Hauptschuld die Eingänge aus der Verwertung von sonstigen Sicherheiten zu verrechnen sind

Der Ausnahmefall, dass nur eine Haftung des Bürgen für einen bestimmten, abgrenzbaren, inhaltlich umschriebenen Teil der Hauptschuld vereinbart wurde, wird hier von den Feststellungen nach der nicht korrekturbedürftigen Ansicht des Berufungsgerichts nicht getragen; nur bei dieser Form der Teilbürgschaft würde sich die Frage der Widmung eingehender Teilzahlungen stellen; ansonsten kann der Gläubiger Teilzahlungen zunächst auf den unbesicherten Teil der Forderung anrechnen


Schlagworte: Bürgschaft, Erweiterung der Hauptschuld, Anrechnung
Gesetze:

 

§§ 1346 ff ABGB, § 1353 ABGB

 

GZ 8 Ob 96/18b, 25.01.2019

 

OGH: Die Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten ist nach dem Wortlaut des Vertrags mit dem Ende der jeweils vereinbarten Laufzeiten ebensowenig erloschen wie durch vorübergehende Rückzahlungen auf das Kreditkonto.

 

Vertragsbestimmungen in Bürgschaftsverträgen, wonach der Bürge auch für Kreditprolongationen haftet, sind im Geschäftsverkehr üblich und nicht ungewöhnlich. Bürgschaftsverträgen, die auf die Besicherung eines Kontokorrentkredits abzielen, ist eine entsprechende Verlängerungsmöglichkeit nahezu immanent.

 

Der Kläger haftet nach den Vertragsbedingungen für die ganze Kreditschuld einschließlich aller Nebengebühren, begrenzt mit den verbürgten Höchstbeträgen. Eine solche Vereinbarung stellt den Regelfall dar.

 

Der Ausnahmefall, dass nur eine Haftung des Bürgen für einen bestimmten, abgrenzbaren, inhaltlich umschriebenen Teil der Hauptschuld vereinbart wurde, wird hier von den Feststellungen nach der nicht korrekturbedürftigen Ansicht des Berufungsgerichts nicht getragen. Nur bei dieser Form der Teilbürgschaft würde sich die Frage der Widmung eingehender Teilzahlungen stellen.

 

Ansonsten kann der Gläubiger Teilzahlungen zunächst auf den unbesicherten Teil der Forderung anrechnen.

 

Soweit die Revision weiterhin den Standpunkt vertritt, die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten auf die Bürgschaft über 8.000 EUR verzichtet, ist festzuhalten, dass die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Erklärungen stets einzelfallabhängig ist und eine grobe Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen hier nicht zu erkennen ist. Es widerspricht vielmehr der Erfahrung und findet im vorliegenden Sachverhalt keine Begründung, dass ein Kreditgeber bereit gewesen wäre, einer erheblichen Ausweitung des Kontokorrentkreditrahmens bei gleichzeitiger Verringerung der bestellten Sicherheiten zuzustimmen.