01.04.2019 Zivilrecht

OGH: Angemessener Hauptmietzins – Eigenmittel iSd § 16 Abs 1 Z 3 MRG

Im Gegensatz zu § 18 MRG sind zukünftige Mietzinseinnahmen nicht zu berücksichtigen; zu beachten ist auch, ob der Vermieter einmal (rechtmäßig) aufgewendete derartige Eigenmittel in der Folge (noch vor Abschluss der Mietzinsvereinbarung, deren Zulässigkeit gem § 16 Abs 1 Z 3 MRG zu untersuchen ist) nicht etwa (rechtmäßig) als Ausgaben in die Mietzinsabrechnung eingesetzt hat; die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands des § 16 Abs 1 Z 3 MRG in all seinen Facetten trifft den Vermieter; um die Qualität der aufgewendeten Mittel als „Eigenmittel“ beurteilen zu können, muss über den jeweils maßgeblichen Verrechnungszeitraum für Mietzinsreserven eine vollständige Abrechnung iSd § 20 Abs 1 MRG gelegt und die Kosten dürfen auch nicht nachträglich als Mietzinspassivum verrechnet werden; der Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG erfordert nicht nur den Einsatz erheblicher Mittel zur Erhaltung des denkmalgeschützten Gebäudes, sondern auch den Nachweis, dass es sich tatsächlich um Eigenmittel handelte, der Erhaltungsaufwand des Hauses daher nicht aus Mietzinseinnahmen und der Hauptmietzinsreserve gedeckt gewesen wäre


Schlagworte: Mietrecht, angemessener Hauptmietzins, Denkmalschutz, Eigenmittel, Abrechnung, zukünftige Mietzinseinnahmen, Erhaltungsarbeiten, Rücklagen, Mietzinspassivum
Gesetze:

 

§ 16 MRG

 

GZ 5 Ob 227/18w, 17.01.2019

 

OGH: § 16 Abs 1 Z 3 MRG erklärt Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses ohne die Beschränkungen des § 16 Abs 2–5 MRG bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag dann für zulässig, wenn der Mietgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes öffentliches Interesse besteht, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zu dessen Erhaltung nach dem 8. Mai 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat. Dass an der Erhaltung des im Eigentum der Antragsgegnerin, eines gesetzlich anerkannten Ordens, stehenden Hauses öffentliches Interesse aus Gründen des Denkmalschutzes besteht, ist im Verfahren nicht strittig.

 

Zur Tatbestandsvoraussetzung der Aufwendung erheblicher Eigenmittel liegt bereits eine Reihe von Entscheidungen des Fachsenats vor. Demnach kann der Begriff „Eigenmittel“ in § 16 Abs 1 Z 3 MRG nur den gegenüber dem Begriff „Mittel“ in § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG (aF) engeren Begriff der Mittel bedeuten, die dem Vermieter als nicht nach § 3 Abs 3 erster Satz, § 20 MRG oder § 6 Abs 1 MG verrechnungspflichtig frei zur Verfügung stehen. Nach stRsp ist bei der Beurteilung der Frage, ob der Vermieter erhebliche Eigenmittel iSd § 16 Abs 1 Z 3 MRG aufgewendet hat, von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufwendung auszugehen. Im Gegensatz zu § 18 MRG sind zukünftige Mietzinseinnahmen nicht zu berücksichtigen. Zu beachten ist auch, ob der Vermieter einmal (rechtmäßig) aufgewendete derartige Eigenmittel in der Folge (noch vor Abschluss der Mietzinsvereinbarung, deren Zulässigkeit gem § 16 Abs 1 Z 3 MRG zu untersuchen ist) nicht etwa (rechtmäßig) als Ausgaben in die Mietzinsabrechnung eingesetzt hat. Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestands des § 16 Abs 1 Z 3 MRG in all seinen Facetten trifft den Vermieter. Um die Qualität der aufgewendeten Mittel als „Eigenmittel“ beurteilen zu können, muss über den jeweils maßgeblichen Verrechnungszeitraum für Mietzinsreserven eine vollständige Abrechnung iSd § 20 Abs 1 MRG gelegt und die Kosten dürfen auch nicht nachträglich als Mietzinspassivum verrechnet werden. Die Auffassung der Vorinstanzen, die Antragsgegnerin habe hier die Aufwendung erheblicher Eigenmittel und damit den Ausnahmetatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG nicht ausreichend nachgewiesen, hält sich im Rahmen dieser Rsp und ist daher nicht korrekturbedürftig.

 

Nach den Feststellungen zahlte die Antragsgegnerin 2006 insgesamt 245.200 EUR aus Rücklagen bzw Kauferlösen anderer Liegenschaften auf das Hauskonto ein. Die von ihr geltend gemachten Erhaltungsarbeiten wurden in den Jahren 2006, 2007 und 2008 verrechnet und von ihr bezahlt. Hauptmietzinsabrechnungen hat die Antragsgegnerin allerdings nur für die Jahre 2003 bis 2016 vorgelegt, dies ungeachtet des ausdrücklichen Hinweises des Antragstellers auf die Beweispflicht der Antragsgegnerin durch Vorlage der Hauptmietzinsabrechnungen für die letzten zehn Jahre. Tatsächlich erfordert der Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG aber nicht nur den Einsatz erheblicher Mittel zur Erhaltung des denkmalgeschützten Gebäudes, sondern auch den Nachweis, dass es sich tatsächlich um Eigenmittel handelte, der Erhaltungsaufwand des Hauses daher nicht aus Mietzinseinnahmen und der Hauptmietzinsreserve gedeckt gewesen wäre. Aus diesem Grund schadet die Ausweisung der Eigenmittel bzw der mit Eigenmittel finanzierten Arbeiten als Ausgaben in der Mietzinsabrechnung, zumal sich dadurch die Hauptmietzinsreserve – als eine auch für die Entscheidung über das Vorliegen des Ausnahmetatbestands nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG relevante Rechnungsgröße – vermindert. Demgemäß subsumierte 5 Ob 1022/92 unter den Begriff der Eigenmittel iSd § 16 Abs 1 Z 3 MRG nur solche Geldmittel, die nicht aus verrechnungspflichtigen Mietzinseinnahmen stammen, während im Weg einer Erhöhung der Hauptmietzinse finanzierte oder vorfinanzierte Erhaltungsarbeiten den Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG nicht verwirklichen.

 

Es wäre daher Sache der Antragsgegnerin gewesen, durch Vorlage der Hauptmietzinsabrechnungen für die letzten zehn Jahre vor Durchführung der Sanierungsarbeiten sowie Aufstellung sämtlicher Kosten für Erhaltungsarbeiten nachzuweisen, dass sie tatsächlich erhebliche Eigenmittel für die Erhaltung des Hauses aufgewendet hat. Zur Mietzinsreserve vor dem Jahr 2003 liegen aber weder Behauptungen noch Beweisergebnisse vor, Hauptmietzinsabrechnungen für diesen Zeitraum hat die Antragsgegnerin nicht vorgelegt. Schon deshalb haben die Vorinstanzen den Nachweis eines Ausnahmetatbestands nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG iS bisheriger Rsp verneint.