OGH: Ehemalige Lebensgemeinschaft und § 1435 ABGB
Der Umstand, dass ein Kläger in dem gemeinsam errichteten Haus einige Jahre gewohnt hat, ist bei der Höhe des Rückforderungsanspruchs zu berücksichtigen; Voraussetzung ist, dass bei Beendigung der Lebensgemeinschaft der Nutzen noch vorhanden ist; der Bereicherungsanspruch ist allerdings nicht auf den vorhandenen, sondern auf den verschafften Nutzen bzw den erlangten Vorteil gerichtet; maßgeblich ist idR der Leistungszeitpunkt; der Nutzen ist objektiv-konkret zu ermitteln
§ 1435 ABGB
GZ 4 Ob 197/18a, 29.01.2019
OGH: Die von einem Lebensgefährten während der Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen und Aufwendungen sind idR unentgeltlich und können daher grundsätzlich nicht zurückgefordert werden. Leistungen und Aufwendungen, die keinen in die Zukunft reichenden Zweck aufweisen, sondern ihrer Natur nach für den entsprechenden Zeitraum der bestehenden Lebensgemeinschaft bestimmt sind, haben bei einer späteren Aufhebung der Lebensgemeinschaft ihren Zweck nicht verfehlt. Dies gilt etwa für laufende Zahlungen für den gemeinsamen Unterhalt, die gemeinsame Wohnung oder ganz allgemein für die Anschaffung von Sachen, die zum sofortigen Verbrauch bestimmt sind. Ein Rückforderungsanspruch nach § 1435 ABGB besteht in diesen Fällen nicht, da solche Leistungen ihrer Natur nach für den entsprechenden Zeitraum bestimmt sind.
Außergewöhnliche Zuwendungen hingegen, zB für den Erwerb einer Wohnung, die erkennbar in der Erwartung des Fortbestands der Lebensgemeinschaft gemacht werden, sind bei Zweckverfehlung rückforderbar. Ein Rückforderungsanspruch wird ganz allgemein dann gewährt, wenn eine Leistung in der dem anderen Lebensgefährten erkennbaren Erwartung des Fortbestehens der Lebensgemeinschaft unentgeltlich erbracht wurde und sich diese Erwartung in der Folge nicht erfüllt.
Der Anwendungsbereich dieser Kondiktion erstreckt sich auf alle jene Fälle, in denen eine Leistung in der Erwartung erbracht wird, dass der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung erbringt, zu der er sich aber nicht verbindlich verpflichten kann oder nicht verpflichten will. Ein solcher Zweck kann der weitere Bestand der Lebensgemeinschaft oder auch die gemeinsame Nutzung eines gemeinsam gebauten Hauses sein. So kann ein Partner nach dem Ende der Lebensgemeinschaft nach § 1435 ABGB außergewöhnliche Leistungen, etwa Erwerb einer Wohnung oder Errichtung eines Hauses, gemeinschaftliche Bebauung eines Grundstücks zurückfordern, die er erkennbar im Hinblick auf das Weiterbestehen der Gemeinschaft erbracht hat. Der Geschäftszweck fällt aber nur bezüglich eines die Auflösung überdauernden Nutzens weg. Werden die zur gemeinsamen Verwendung angeschafften Sachen von den Lebensgefährten zunächst gemeinsam genutzt und fällt der Geschäftszweck erst später weg, dann kann nur der dem Leistungsempfänger verbleibende Restnutzen zurückgefordert werden.
Der Umstand, dass ein Kläger in dem gemeinsam errichteten Haus einige Jahre gewohnt hat, ist daher bei der Höhe des Rückforderungsanspruchs zu berücksichtigen. Voraussetzung ist, dass bei Beendigung der Lebensgemeinschaft der Nutzen noch vorhanden ist. Der Bereicherungsanspruch ist allerdings nicht auf den vorhandenen, sondern auf den verschafften Nutzen bzw den erlangten Vorteil gerichtet. Maßgeblich ist idR der Leistungszeitpunkt. Der Nutzen ist objektiv-konkret zu ermitteln.
Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass sämtliche Rückzahlungen für die von der Klägerin zur Finanzierung des Baukostenbeitrags an die Genossenschaft aufgenommenen beiden Kredite vom Konto der Klägerin erfolgten und dass dieser Baukostenanteil nach Rückzahlung durch die Genossenschaft zur Gänze in den Bau der gemeinsamen Liegenschaft geflossenen ist. Die Klägerin hat somit den Kredit aus eigenen Mitteln zurückgezahlt, die zweckverfehlte Zuwendung stammt von der Klägerin allein. Der Beklagte hatte daran keinen Anteil. Ob die Klägerin ihre Zuwendung mit Eigen- oder Fremdmittel aufbrachte, ist ebenso unerheblich wie der Zeitpunkt ihrer (alleinigen) Rückführung der Fremdmittel. Die von den Vorinstanzen gem § 273 ZPO vorgenommene Festsetzung der bei Beginn der Lebensgemeinschaft aushaftenden Kreditsumme ist folglich irrelevant.
Daraus folgt, dass die Hauptforderung mit dem begehrten Betrag zu Recht besteht.