19.02.2019 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob die Vermieterin zur Beseitigung einer in der Sphäre des Mieters gelegenen Schwarzstaubbildung verpflichtet ist, und ob für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommt, dem Mieter ein Ersatz seiner mit der (ersatzweise) vorgenommenen Beseitigung im Zusammenhang stehenden Kosten zusteht

Fraglich ist, ob bei einer ausschließlich auf das Verhalten des Nutzers einer Wohnung zurückzuführenden und in keinem Zusammenhang mit dem Gebäude als solchem stehenden Beeinträchtigung der (durchschnittlichen) Brauchbarkeit tatsächlich ein – einen Beseitigungsanspruch nach § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB gegen den Vermieter auslösender – Mangel der Mietsache anzunehmen ist; dagegen spricht, dass der Vermieter wohl nicht zur Abhilfe gegen ein Phänomen verpflichtet werden kann, das erst und nur durch ein von ihm womöglich gar nicht beeinflussbares Verhalten des Nutzers geschaffen wird; der Bestandnehmer, der dem Bestandgeber obliegende Instandhaltungsarbeiten vornimmt, hat einen Anspruch auf Ersatz seiner – ex ante betrachtet – notwendigen und zweckmäßigen Aufwendungen, auch wenn sie ohne sein Verschulden fehlschlagen; nicht ersatzfähig sind hingegen Aufwendungen für eine bloß oberflächliche Instandhaltung ohne anhaltenden Effekt; wird bloß eine oberflächliche, den Schaden nicht wirklich behebende Maßnahme gesetzt, so ist diese unnütz und daher nicht ersatzfähig; dem Bestandnehmer steht für die von ihm selbst verrichteten Arbeiten nach der Rsp überdies nur dann eine Entlohnung für Mühewaltung zu, wenn diese von ihm berufsmäßig oder gewerbsmäßig ausgeführt wurden


Schlagworte: Bestandrecht, Mangel, brauchbarer Zustand, Schwarzstaubbildung, Aufwandersatzanspruch, Instandhaltungsarbeiten, unnütz, Entlohnung für Mühewaltung
Gesetze:

 

§ 1097 ABGB, § 1096 ABGB, § 1104 ABGB, § 1111 ABGB

 

GZ 8 Ob 141/18w, 19.12.2018

 

OGH: Als Rechtsgrundlage für den von der Erstklägerin geltend gemachten Aufwandersatzanspruch hat das Berufungsgericht zutreffend die Bestimmung des § 1097 zweiter Satz ABGB herangezogen. Demnach wird der Bestandnehmer als ein Geschäftsführer ohne Auftrag betrachtet, wenn er auf das Bestandstück einen dem Bestandgeber obliegenden Aufwand (§ 1036 ABGB) oder einen nützlichen Aufwand (§ 1037 ABGB) gemacht hat.

 

Der – hier interessierende – erste Tatbestand umfasst die Aufwendungen, die nach § 1096 ABGB dem Bestandgeber obliegen (notwendiger Aufwand).

 

Gem § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB schuldet der Bestandgeber nicht nur die Übergabe des Bestandobjekts im vereinbarten Zustand, sondern auch die Erhaltung im brauchbaren Zustand und die Verschaffung des störungsfreien Gebrauchs. Ob eine Bestandsache noch brauchbar ist, richtet sich danach, welcher Gebrauch bzw welche Nutzung ausdrücklich, nach dem Vertragszweck oder nach der Verkehrssitte vereinbart wurde; im Zweifel gilt mittlere (durchschnittliche) Brauchbarkeit als geschuldet.

 

Nach den Feststellungen bildete sich im vorliegenden Fall der Schwarzstaub „unter anderem auf Bereichen, welche eine erniedrigte Oberflächentemperatur aufweisen (Ichsenbereich, Mauerecken, Fenster) […], aber auch über dem Kühlschrank und in der Waschmaschine“, was zur Folge hatte, dass die Wohnung „häufiger als gewöhnlich“ – nämlich „beinahe täglich“, Fenster „wöchentlich“ – „intensivst“ unter „erhöhte[m] Aufwand an Reinigungsmitteln“ geputzt und „Geschirr vor jedem Gebrauch gewaschen“ werden musste.

 

Davon ausgehend hat das Berufungsgericht die Auffassung vertreten, dass die Schwarzstaubbildung der (mittleren) Brauchbarkeit der Bestandsache entgegensteht, und – als Voraussetzung für den geltend gemachten Aufwandersatzanspruch – einen aus § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB resultierenden Anspruch der Erstklägerin gegen die Beklagte auf Beseitigung der Schwarzstaubbildung bejaht. Die von der Erstklägerin erhobene Tatsachenrüge, mit der sie anstelle der Feststellung, dass der Schwarzstaub auf das Verhalten der Bewohner von Top 2 zurückzuführen ist, die Negativfeststellung beantragt, dass nicht festgestellt werden kann, dass der Schwarzstaub auf das Verhalten der Bewohner zurückzuführen ist, hat das Berufungsgericht aufgrund dieser Rechtsansicht nicht erledigt.

 

Anders als die Beklagte meint, steht allein § 1104 ABGB einem Beseitigungsanspruch der Erstklägerin nicht entgegen. Diese Bestimmung schränkt die (verschuldensunabhängige) Erhaltungspflicht des Bestandgebers nach § 1096 ABGB zwar insofern ein, als den Bestandgeber bei außerordentlichen Zufällen keine Wiederherstellungspflicht trifft. Außerordentliche Zufälle iSd § 1104 ABGB sind jedoch nur solche elementaren Ereignisse, die einen größeren Personenkreis treffen und von Menschen nicht beherrschbar sind, sodass für deren Folgen im Allgemeinen von niemandem Ersatz erwartet werden kann.

 

Davon kann bei der hier aufgetretenen Schwarzstaubbildung nicht die Rede sein.

 

Richtig hat das Berufungsgericht auch erkannt, dass es sich bei der Verwendung von Wasser, haushaltsüblichen Reinigungsmitteln und Fettlösern um einen vertragsgemäßen Gebrauch der Bestandsache handelt und dass für die Folgen eines vertragsgemäßen Gebrauchs (gewöhnliche Abnutzung und sonstige Verschlechterungen) der Mieter nach § 1111 ABGB nicht einzustehen hat, weil diese grundsätzlich mit dem Mietzins abgegolten sind.

 

§ 1111 ABGB regelt jedoch den Ersatzanspruch des Bestandgebers gegen den Bestandnehmer. Daraus lässt sich allein noch nichts zum Umfang der (laufenden) Instandhaltungspflicht der Vermieterin gegenüber der Mieterin ableiten (so wird etwa eine laufende „Ausmalverpflichtung“ udgl des Bestandgebers mit guten Gründen verneint: Lovrek in Rummel/Lukas4 § 1096 ABGB Rz 37).

 

Nach der Judikatur des BGH, auf die das Berufungsgericht verweist, schuldet der Vermieter die Beseitigung von Schwarzstaubablagerungen in der Mietwohnung gem § 535 Abs 1 zweiter Satz BGB unabhängig davon, ob die Mangelursache in seinem eigenen oder im Gefahrenbereich der Mieterin zu suchen ist. Anders wäre dies nur dann, wenn die Mieterin die Entstehung des Mangels zu vertreten hätte, was aber bei einer Schwarzstaubbildung als Folge eines vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietwohnung nicht der Fall sei.

 

Fraglich ist zur österreichischen Rechtslage aber schon, ob bei einer ausschließlich auf das Verhalten des Nutzers einer Wohnung zurückzuführenden und in keinem Zusammenhang mit dem Gebäude als solchem stehenden Beeinträchtigung der (durchschnittlichen) Brauchbarkeit tatsächlich ein – einen Beseitigungsanspruch nach § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB gegen den Vermieter auslösender – Mangel der Mietsache anzunehmen ist. Dagegen spricht, dass der Vermieter wohl nicht zur Abhilfe gegen ein Phänomen verpflichtet werden kann, das erst und nur durch ein von ihm womöglich gar nicht beeinflussbares Verhalten des Nutzers geschaffen wird.

 

Da das Klagebegehren schon aus einem anderen Grund nicht berechtigt ist, muss diese Frage hier jedoch nicht abschließend geklärt werden. Auch auf die von der zweiten Instanz unerledigt gebliebene Tatsachenrüge und die beweislastrechtlichen Konsequenzen der angestrebten Negativfeststellung zur Ursache der Schwarzstaubbildung kommt es nicht an.

 

Bei § 1097 zweiter Satz ABGB handelt es sich um eine (andere bereicherungsrechtliche Bestimmungen verdrängende) Spezialvorschrift, die nur für den Ersatz der Behebung von Sachschäden am Mietobjekt selbst gilt.

 

Der Bestandnehmer, der dem Bestandgeber obliegende Instandhaltungsarbeiten vornimmt, hat einen Anspruch auf Ersatz seiner – ex ante betrachtet – notwendigen und zweckmäßigen Aufwendungen, auch wenn sie ohne sein Verschulden fehlschlagen. Nicht ersatzfähig sind hingegen Aufwendungen für eine bloß oberflächliche Instandhaltung ohne anhaltenden Effekt. Wird bloß eine oberflächliche, den Schaden nicht wirklich behebende Maßnahme gesetzt, so ist diese unnütz und daher nicht ersatzfähig.

 

Dem Bestandnehmer steht für die von ihm selbst verrichteten Arbeiten nach der Rsp überdies nur dann eine Entlohnung für Mühewaltung zu, wenn diese von ihm berufsmäßig oder gewerbsmäßig ausgeführt wurden.

 

In Anbetracht dieser Rechtslage ist der von der Erstklägerin geltend gemachte Aufwand zur Gänze nicht ersatzfähig:

 

Sowohl das (vermehrte) Putzen als auch das Ausmalen im Jahr 2016 zeitigten offenkundig keine bzw nur temporäre Wirkung. Diese Maßnahmen waren bei einer objektiven Betrachtung von vornherein zur Behebung des Schadens, konkret zur Beseitigung der Quelle der Schwarzstaubbildung, ungeeignet, erforderten die Schwarzstaubablagerungen doch beinahe täglich erneutes Putzen, kehrten also ständig wieder.

 

Ein Ersatzanspruch der Erstklägerin für diese rein oberflächlichen, letztlich „unnützen“ Maßnahmen nach § 1097 zweiter Satz erster Fall ABGB besteht schon deshalb nicht.

 

Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass ein Ersatz auch daran scheitert, dass für die eigene Mühewaltung der Erstklägerin im Zuge des Reinigens und Ausmalens ohnehin keine Entlohnung gebührt (dass die Erstklägerin eine derartige Tätigkeit berufsmäßig ausgeübt hätte, wurde nicht behauptet) und dass insbesondere für die geltend gemachten „kausalen Nebenkosten“ für Fahrten zu Anwalt, Arzt, Apotheke, vermehrte Einkäufe und für Telefonate nicht ersichtlich ist, dass diese auf das Bestandobjekt selbst getätigte Aufwendungen darstellten.