18.02.2019 Steuerrecht

VwGH: § 25 EStG – Stipendium (für Dissertation) an Universitätsassistenten, welches über die Universität ausbezahlt wird, einkommensteuerpflichtig?

Das Vorliegen eines Veranlassungszusammenhanges zwischen dem Dienstverhältnis zur Universität und dem Bezug des Stipendiums bejahte das BFG mit der Begründung, dass der Dienstvertrag dem Revisionswerber die Möglichkeit einräume, im Rahmen der Arbeitszeit als Universitätsassistent an seiner Dissertation zu arbeiten; das BFG beachtet dabei nicht, dass der Revisionswerber das Stipendium in gleicher Weise ohne Vorliegen dieses Dienstvertrages erhalten hätte; der Umstand, dass der Revisionswerber einen (kleinen) Teil seiner Dienstzeit zum Verfassen der Dissertation verwenden durfte, steht einer getrennten Beurteilung der Tätigkeiten dann nicht entgegen, wenn die Arbeit an der Dissertation im (nahezu) ausschließlichen Interesse des Revisionswerbers gelegen war; eine andere Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn zwischen den Projekten des Arbeitgebers (oder Projekten von Vertragspartnern des Arbeitgebers) und dem Gegenstand der Dissertation ein inhaltlicher Zusammenhang besteht, sodass die Zahlung zur Förderung der Dissertation in wirtschaftlicher Betrachtung einem weiteren Entgelt für die Mitwirkung an den Projekten des Arbeitgebers oder von Projekten dritter, in Beziehung zum Arbeitgeber stehender Personen gleichkommt


Schlagworte: Einkommensteuer, Lohnsteuer, Stipendium an Universitätsassistent, Dissertation, Projekte Dritter
Gesetze:

 

§ 25 EStG, § 47 EStG

 

GZ Ra 2016/15/0070, 18.10.2018

 

VwGH: Gem § 25 Abs 1 lit a EStG zählen Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

 

Die Einkünfte müssen ihre Wurzel im Dienstverhältnis haben.

 

Ein Vorteil wird dann für ein Dienstverhältnis gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn der Vorteil gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird.

 

Auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer können neben dem Dienstverhältnis gesonderte Rechtsbeziehungen bestehen. Sie sind dann steuerlich grundsätzlich getrennt zu beurteilen. Arbeitslohn liegt nicht vor, wenn eine Zuwendung wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beruhen. Voraussetzung für die gesonderte Beurteilung einer solchen Rechtsbeziehung ist, dass zu gleichen Bedingungen, unabhängig davon, ob ein Dienstverhältnis besteht, auch mit Dritten ein derartiges Vertragsverhältnis zu Stande kommt.

 

Gegenständlich hat sich der Revisionswerber nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechend an Lehre, Forschung und Administration der Organisationseinheit ausgewogen zu beteiligen. Sein Aufgabenbereich umfasst auch die selbständige Forschungstätigkeit. Dem Revisionswerber war im Rahmen der Normalarbeitszeit Zeit für die Erbringung eigener wissenschaftlicher Leistungen einzuräumen. Eine Verpflichtung zum Verfassen einer Dissertation bestand nicht. Der dienstlichen Verpflichtung zur eigenen Forschungstätigkeit konnte auch auf andere Art und Weise entsprochen werden. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Revisionswerbers hätte er das Stipendium in gleicher Weise erhalten, wäre er nicht in einem Dienstverhältnis zur Universität gestanden.

 

Ziel der Dissertation ist die Erlangung eines akademischen Grades. Ein Interesse des Arbeitgebers daran, dass der Arbeitnehmer einen (weiteren) akademischen Grad erwirbt, kann im Einzelfall gegeben sein und den Arbeitgeber dazu veranlassen, dem Arbeitnehmer aus diesem Grund als zusätzliches Entgelt aus dem Dienstverhältnis zu qualifizierende "Beihilfen" zu gewähren. Anhaltspunkte dafür, dass im Revisionsfall ein derartiger Veranlassungszusammenhang vorliegen könnte, lassen sich dem vom BFG festgestellten Sachverhalt jedoch nicht entnehmen. Im gegenständlichen Dienstvertrag des Revisionswerbers wird festgehalten, dass "das Erreichen einer weiteren wissenschaftlichen Qualifikation (zB Doktorat)" während der Vertragslaufzeit keine dienstrechtlichen Auswirkungen hat. Zudem war das Arbeitsverhältnis auf vier Jahre befristet und endete mit Zeitablauf.

 

Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von jenem der dem Erkenntnis vom 20. Februar 2008, 2006/15/0171, zugrunde lag, in dem der Steuerpflichtige für die Zeit des Bezugs eines Forschungsstipendiums nach § 160 BDG mit der Rechtsfolge freigestellt war, dass diese Zeiten für die Vorrückung und den Ruhegenuss zu berücksichtigen waren.

 

Das Vorliegen eines Veranlassungszusammenhanges zwischen dem Dienstverhältnis zur Universität und dem Bezug des Stipendiums bejahte das BFG mit der Begründung, dass der Dienstvertrag dem Revisionswerber die Möglichkeit einräume, im Rahmen der Arbeitszeit als Universitätsassistent an seiner Dissertation zu arbeiten. Das BFG beachtet dabei nicht, dass der Revisionswerber das Stipendium in gleicher Weise ohne Vorliegen dieses Dienstvertrages erhalten hätte. Der Umstand, dass der Revisionswerber einen (kleinen) Teil seiner Dienstzeit zum Verfassen der Dissertation verwenden durfte, steht einer getrennten Beurteilung der Tätigkeiten dann nicht entgegen, wenn die Arbeit an der Dissertation im (nahezu) ausschließlichen Interesse des Revisionswerbers gelegen war. Eine andere Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn zwischen den Projekten des Arbeitgebers (oder Projekten von Vertragspartnern des Arbeitgebers) und dem Gegenstand der Dissertation ein inhaltlicher Zusammenhang besteht, sodass die Zahlung zur Förderung der Dissertation in wirtschaftlicher Betrachtung einem weiteren Entgelt für die Mitwirkung an den Projekten des Arbeitgebers oder von Projekten dritter, in Beziehung zum Arbeitgeber stehender Personen gleichkommt.

 

Das angefochtene Erkenntnis war daher gem § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.