OGH: Zur Verbesserung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs
Art IV NYÜ soll den Vollstreckungsgegner davor schützen, durch nicht authentische Schiedssprüche verpflichtet zu werden; dieses Schutzes bedarf er im Verfahren 2. Instanz nicht mehr, wenn er die Existenz des Schiedsspruchs und dessen Echtheit nicht bestreitet
§§ 84 f ZPO, § 614 ZPO, § 416 EO, Art VI NYÜ
GZ 3 Ob 153/18y, 19.12.2018
OGH: Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche erfolgt gem § 614 Abs 1 Satz 1 ZPO nach den Bestimmungen der EO, soweit nicht nach Völkerrecht oder in Rechtsakten der EU anderes bestimmt ist. Eine entsprechende Subsidiaritätsklausel enthält auch § 416 Abs 1 EO, weshalb zwischenstaatlichen Vereinbarungen der Vorrang zukommt. Hier kommt (unstrittig) das NYÜ zur Anwendung.
Verabsäumt es der Antragsteller, die in Art IV NYÜ vorgesehenen Urkunden und/oder Übersetzungen vorzulegen (bzw mangelt es an den erforderlichen Beglaubigungen), so liegt ein Formgebrechen vor, das durch einen Verbesserungsauftrag behoben werden kann. Die Verbesserung ist nach § 84 Abs 1 Satz 1 ZPO iVm § 78 EO von Amts wegen anzuordnen. Die Verbesserung von Formmängeln ist aber nur dann erforderlich, wenn sie die geschäftsordnungsgemäße Behandlung eines Schriftsatzes zu hindern geeignet sind (§ 84 Abs 1 Satz 1 ZPO). Mit dem Ausdruck „geschäftsordnungsgemäße Behandlung“ sollen alle erheblichen Formmängel umschrieben werden, wobei die Bedeutung des Formverstoßes jeweils im Einzelfall zu prüfen ist.
Die Vorschriften des Art IV NYÜ sollen den Vollstreckungsgegner davor schützen, durch nicht authentische Schiedssprüche verpflichtet zu werden. Dieses Schutzes bedarf die Verpflichtete hier nicht (mehr). Sie rügt in ihrem Rekurs bloß formale Mängel am durchzusetzenden Schiedsspruch, bestreitet aber weder dessen Existenz noch die Echtheit der Unterschriften der Schiedsrichter darauf; sie behauptet sogar, eine Aufhebungsklage in Schweden eingebracht zu haben, was das Bestehen des Schiedsspruchs voraussetzt. Das zweiseitig gestaltete Rekursverfahren schuf hier somit Klarheit, dass die Existenz des Schiedsspruchs und dessen Echtheit nicht strittig sind. Jedenfalls in der gegebenen Konstellation fehlt dem von der Verpflichteten gerügten Formmangel jede Wesentlichkeit für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung. Es bedarf daher keiner weiteren Überlegungen zur Tauglichkeit der (ursprünglich) vorgelegten Beglaubigung und zur allenfalls ohnehin schon erfolgten Verbesserung in der Rekursbeantwortung, weil kein Grund (mehr) besteht, Existenz und Authentizität des Schiedsspruchs in Zweifel zu ziehen. Andernfalls verkäme die strikte Einhaltung der Authentizitätsvorschriften des Art IV NYÜ zum reinen Selbstzweck. Ob das auch für das einseitige Urkundenverfahren in erster Instanz gelten kann, muss hier mangels Relevanz unerörtert bleiben.