OGH: Zur Frage, inwieweit Gastwirte gem § 1313a ABGB für die ordnungsgemäße Errichtung und Installation/Montage von Gebrauchs- und Einrichtungsgegenständen durch Dritte einzustehen haben
Die Vorbereitungsarbeiten des Installateurunternehmens (Lieferung und Montage) bildeten weder einen Teil der Erfüllungshandlungen der Beklagten gegenüber dem Kläger noch standen sie in einem engen Zusammenhang damit; gem § 1313a ABGB soll grundsätzlich (nur) haften, wer durch den erlaubten Einsatz von Gehilfen mehr Erfüllungspflichten wahrnehmen kann als durch persönlichen Einsatz
§ 1313a ABGB, §§ 1295 ff ABGB
GZ 6 Ob 185/18a, 21.11.2018
OGH: Nach stRsp des OGH endet der Bewirtungsvertrag nicht schon mit der Konsumation der verkauften Getränke/Speisen und deren Bezahlung durch den Gast, sondern erst mit der Beendigung des Naheverhältnisses zwischen Wirt und Gast. Dass die Beklagte ihren Gästen grundsätzlich (auch) eine gefahrlose Benützung ihrer Toiletteanlagen schuldet, ist im Revisionsverfahren auch nicht strittig.
Der Gastwirt hat aufgrund der aus dem Bewirtungsvertrag resultierenden Schutz- und Sorgfaltspflichten ua die im Beherbergungsbetrieb vorhandenen Wasserinstallationen regelmäßig überprüfen und dem Ergebnis dieser Kontrolle entsprechend einwandfrei instandsetzen zu lassen. Auf eine allfällige Verletzung dieser Prüf- und Wartungspflichten hinsichtlich des Waschbeckens durch die Beklagte kommt der Kläger im Revisionsverfahren allerdings nicht mehr zurück. Er tritt vielmehr für eine Haftung der Beklagten für das Installateurunternehmen nach § 1313a ABGB ein.
Nach § 1313a ABGB haftet, wer einem anderen zu einer Leistung verpflichtet ist, diesem für das Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes. Bei der Zurechnung selbständiger Unternehmer nach § 1313a ABGB kommt es besonders auf den konkreten Inhalt des Vertrags zwischen dem Geschäftsherrn und dessen Gläubiger und die dabei übernommenen Sorgfaltspflichten an; es ist also entsprechend den verschiedenen Vertragstypen und der jeweiligen konkreten Vereinbarung zu prüfen, ob bloß der „Einkauf“ eines „Produktes“ am Markt oder die Gestaltung einer Leistung mit vom Schuldner betrauten „Gehilfen“ übernommen wird. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
Es entspricht zunächst stRsp des OGH, dass der Erzeuger (Produzent), der eine Ware zunächst dem Käufer liefert, der sie seinerseits an seinen Käufer weitergibt, nicht Erfüllungsgehilfe (§ 1313a ABGB) des Verkäufers (Zwischenhändlers) ist; der Händler haftet dem Käufer gegenüber nur für die Erfüllung der ihn selbst treffenden Pflichten, nämlich insbesondere Instruktion und Aufklärung. Auch der Zulieferer eines Produzenten ist regelmäßig nicht dessen Erfüllungsgehilfe. Auch im vorliegenden Fall hat die Beklagte das Waschbecken bei einem Fachunternehmen und über dessen Beratung/Empfehlung lediglich zugekauft und von diesem Unternehmen montieren lassen; eigene Pflichten der Beklagten haben insoweit nicht bestanden.
Das Mindest-Zurechnungskriterium des § 1313a ABGB ist, dass der Schuldner das schuldhafte Verhalten des Dritten im Kontext mit der Erfüllung seiner Vertragspflichten veranlasste, wobei zur Konkretisierung der Pflichtenlage hinsichtlich der Schutz- und Sorgfaltspflichten darauf abzustellen ist, ob der Gläubiger erwarten konnte, dass der Schuldner die fragliche Tätigkeit selbst (oder durch Mitarbeiter) vornimmt, oder ob eine Erbringung durch selbständige Dritte zu erwarten ist. Dass ein Gastwirt die Installationen in seinen Toiletteanlagen selbst hergestellt, jedenfalls aber selbst montiert hat, wird der Gast regelmäßig nicht annehmen.
Der Gehilfe muss mit Willen des Schuldners im Rahmen der dem Schuldner obliegenden Verbindlichkeit tätig werden, und es muss sich um einen Schaden handeln, der durch den Gehilfen bei der Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen zugefügt wurde. Erfüllungsgehilfe ist demnach, wer nach den tatsächlichen Verhältnissen des gegebenen Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird; aus welchem Grunde er sich veranlasst sieht, tätig zu werden, ist unerheblich. Aus diesem Grund hat der Schuldner iZm der Wahrnehmung von Verkehrssicherungspflichten etwa für das Verschulden der mit der Reinigungsarbeit in einem Bade- und Kurmittelhaus betrauten Person als Erfüllungsgehilfen zu haften, wenn der Badegast infolge unsachgemäßer Reinigung des Fußbodens stürzt und dadurch zu Schaden kommt. Ähnlich haftet eine Krankenanstalt für einen Sturz auf feuchtem Boden infolge Nachlässigkeit der Pflicht des Reinigungspersonals. Bejaht wurde weiters die Haftung eines Hoteliers für das Verschulden eines Aufzugswärters, der eine zeitgerechte Schmierung der Aufzugsanlage unterließ und so einen nicht ordnungsgemäßen Zustand des Aufzugs verschuldete, die Haftung eines Hotelbetreibers für ein Installationsunternehmen, das mit der regelmäßigen Kontrolle der Wasserversorgungsanlage betraut war und keine ausreichenden Maßnahmen gegen das Entstehen von Legionellen getroffen hatte, und die Haftung eines Krankenanstaltenbetreibers für Arbeiten eines Dachdeckers; infolge mangelhafter Ausführung der Arbeit war ein Ziegel vom Dach gefallen und hatte einen Besucher verletzt.
Dem gegenüber verneinte die Entscheidung 2 Ob 185/97p die Haftung eines Hoteliers für ein an einer Ausziehcouch montiertes gefährliches Winkeleisen, weil dem Hotelier nach der Verkehrssitte nicht zugemutet werden könne, die Vorbereitungshandlung (offenbar die Herstellung des Bettes) selbst oder durch sein Personal durchführen zu lassen; Erfüllungsgehilfe sei zwar auch derjenige, der die nötigen Vorbereitungen zur Leistung trifft, die Vorbereitungshandlung müsse aber einen Teil der Erfüllungshandlung bilden oder doch im engen Zusammenhang mit ihr stehen. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt auch hier vor:
Im Gegensatz zu den weiter oben genannten Fällen geht es nicht um laufende Wartungs- oder Instandhaltungsarbeiten, sondern um einen Fehler bei der Montage des Waschbeckens durch das Installateurunternehmen, wovon auch der Kläger in seiner Revision ausgeht. Die Vorbereitungsarbeiten des Installateurunternehmens (Lieferung und Montage) bildeten aber weder einen Teil der Erfüllungshandlungen der Beklagten gegenüber dem Kläger noch standen sie in einem engen Zusammenhang damit. Gem § 1313a ABGB soll grundsätzlich (nur) haften, wer durch den erlaubten Einsatz von Gehilfen mehr Erfüllungspflichten wahrnehmen kann als durch persönlichen Einsatz.
Die Abweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen ist somit vertretbar.