VwGH: Zum Gebot der Erledigung von Beweisanträgen
Das VwG hat (mit der Ladung einer Zeugin) die Notwendigkeit einer näheren Abklärung des Sachverhalts durch deren Einvernahme erkannt, die nicht durch Mutmaßungen hinsichtlich der Gründe für das Fernbleiben von der anberaumten mündlichen Verhandlung revidiert werden kann; Zweifel am Ausreichen der (von der Zeugin als Verhinderungsgrund geltend gemachten) "familiären Gründe" hätten nähere Ermittlungen erfordert; das Absehen von der Einvernahme aus den wiedergegebenen Gründen nimmt weder auf die Erforderlichkeit noch die dauerhafte Unmöglichkeit der Beweisaufnahme konkret Bezug; es ist daher einem begründungslosen Hinwegsetzen über einen gestellten - und nicht von vornherein untauglichen - Beweisantrag gleichzuhalten, was sich als unzulässig erweist
§ 37 AVG, § 45 AVG, § 58 AVG, § 60 AVG, § 17 VwGVG
GZ Ra 2018/21/0164, 13.11.2018
VwGH: Der Revisionswerber verweist zutreffend darauf, dass das BVwG die Erledigung seiner Anträge auf Einvernahme der T.K. als Zeugin (ohne Angabe tauglicher Gründe) sowie von zwei weiteren näher konkretisierten Zeugen (gänzlich unbegründet) unterlassen habe.
Zwar obliegt es regelmäßig der einzelfallbezogenen Beurteilung des VwG, ob eine beantragte Beweisaufnahme notwendig ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hat.
Eine solche Fehlbeurteilung ist fallbezogen allerdings zu bejahen, ist Beweisanträgen doch grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des begehrten Beweises, dessen Durchführung möglich ist, im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint. Dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen.
Keiner dieser Umstände liegt fallbezogen vor, wozu kommt, dass das BVwG dem Verlegungsersuchen des Revisionswerbers vom 29. Juni 2018 - ohne dieses ausdrücklich zu erledigen oder zu den geltend gemachten Gründen die Vorlage von Bescheinigungsmitteln aufzutragen - nicht entsprochen hat:
Hinsichtlich insbesondere der Zeugin T.K. hat bereits das BVwG (mit ihrer Ladung) die Notwendigkeit einer näheren Abklärung des Sachverhalts durch ihre Einvernahme erkannt, die nicht durch Mutmaßungen hinsichtlich der unterstellten wahren Gründe für das Fernbleiben von der anberaumten mündlichen Verhandlung revidiert werden kann. Zweifel am Ausreichen der "familiären Gründe" der Zeugin T.K. hätten im Übrigen nähere Ermittlungen erfordert, die unterblieben sind. Das Absehen von der Einvernahme aus den wiedergegebenen Gründen nimmt weder auf die Erforderlichkeit noch die dauerhafte Unmöglichkeit der Beweisaufnahme konkret Bezug. Es ist daher einem begründungslosen Hinwegsetzen über einen gestellten - und nicht von vornherein untauglichen - Beweisantrag gleichzuhalten, was sich als unzulässig erweist.
Was die beiden weiters beantragten Zeugen anlangt, hat das BVwG das Unterbleiben ihrer Befragung gänzlich unbegründet gelassen, was sich nach der eben zitierten Judikatur unter Berücksichtigung der gem § 17 VwGVG auch im vorliegenden Zusammenhang wesentlichen Ermittlungsgrundsätzen des AVG als unzulässig darstellt.