24.12.2018 Zivilrecht

OGH: Zum Vorkaufsrecht iZm Schenkung an eine Stiftung

Grundbuchsperrende Wirkung gegenüber einer anderen Veräußerungsart entfaltet das verbücherte Vorkaufsrecht nur, wenn die Erweiterungsabrede im Hauptbuch eingetragen ist oder zumindest das Hauptbuch diesbezüglich auf die Urkundensammlung verweist


Schlagworte: Grundbuchsrecht, Vorkaufsrecht, Einverleibung, andere Veräußerungsarten, Schenkung, Sacheinlage, Umgehungsgeschäft, Streitanmerkung
Gesetze:

 

§ 1072 ABGB, § 1078 ABGB, § 61 GBG

 

GZ 6 Ob 179/18v, 25.10.2018

 

OGH: Ist eine Sache mit einem Vorkaufsrecht iSd § 1072 ABGB belastet, bildet nur der Abschluss eines Kaufvertrages den Vorkaufsfall; die Ausdehnung des Vorkaufsrechts auf „andere Veräußerungsarten“ iSd § 1078 ABGB bedarf stets einer besonderen Vereinbarung. § 1078 ABGB bedeutet daher, dass mangels abweichender Vereinbarung nur der Verkauf den Vorkaufsfall auslöst; bei einer Schenkung als „anderer Veräußerungsart“ iSd § 1078 ABGB kann das Vorkaufsrecht daher nicht ausgeübt werden.

 

Unter „anderen Vertragsarten“ sind solche Vertragstypen zu verstehen, bei denen sich aus dem Vertragsinhalt ergibt, dass die typischen Vertragszwecke aus der Sicht des Verpflichteten in besonderem Maße an der Person des Partners oder an der von ihm zu erbringenden individuellen Gegenleistung orientiert sind. Unter diese Bestimmung fallen alle Geschäfte, die das endgültige Ausscheiden einer Sache aus dem Vermögen des einen und ihre Übertragung auf einen anderen bezwecken oder bewirken, wie Tausch, Schenkung oder Sacheinlage in eine Gesellschaft. Wechselt eine mit einem verbücherten Vorkaufsrecht belastete Liegenschaft ihren Eigentümer ohne den Vorkaufsfall auszulösen, dann bleibt das Vorkaufsrecht bestehen: Es geht als Belastung auf den Erwerber über (§ 443 ABGB) und kann ausgeübt werden, wenn dieser die Sache verkauft.

 

Grundbuchsperrende Wirkung gegenüber einer anderen Veräußerungsart entfaltet das verbücherte Vorkaufsrecht nur, wenn die Erweiterungsabrede im Hauptbuch eingetragen ist oder zumindest das Hauptbuch diesbezüglich auf die Urkundensammlung verweist. Da eine solche Erstreckung im vorliegenden Fall nicht im Hauptbuch eingetragen ist, kein Verweis auf die Urkundensammlung vorliegt und die Liegenschaft an die beklagte Stiftung nicht verkauft, sondern bloß verschenkt wurde, wurde die Vorkaufsberechtigte dadurch nicht in einem bücherlichen Recht verletzt und kann darauf ihr Begehren auf Streitanmerkung nicht stützten. Ob der Schenkungsvertrag aber als Umgehungsgeschäft zu beurteilen ist, ist erst im Prozess und nicht bereits bei der Entscheidung über den Antrag auf Streitanmerkung zu beurteilen; für die Streitanmerkung genügt die Schlüssigkeit der Klage.