24.12.2018 Zivilrecht

OGH: Zur Haftung des Treuhänders nach § 12 BTVG

Zu den behördlichen Genehmigungen, die vor Auszahlung der ersten Rate vorliegen müssen, gehören grundsätzlich alle zur Einverleibung des Erwerbers notwendigen behördlichen Genehmigungen, wozu auch eine allenfalls erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung zählt


Schlagworte: Bauträgervertragsrecht, Sicherung des Wohnungseigentumsbewerbers, Ratenplan, Treuhänder, Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum, Baubewilligung, grundverkehrsbehördliche Genehmigung
Gesetze:

 

§ 7 BTVG, § 9 BTVG, § 12 BTVG, § 40 WEG 2002

 

GZ 6 Ob 173/18m, 25.10.2018

 

OGH: Gem § 7 BTVG hat der Bauträger den Erwerber gegen den Verlust der von diesem auf Grund des Bauträgervertrags geleisteten Zahlungen mit Ausnahme seiner Zahlungen für Abgaben und Steuern sowie für die Kosten der Vertragserrichtung und -abwicklung zu sichern. § 9 Abs 2 BTVG sieht vor, dass bei einem Bauträgervertrag über den Erwerb von Wohnungseigentum die Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum gem § 40 Abs 2 WEG eine ausreichende bücherliche Sicherstellung des Erwerbers darstellt. Dies bedeutet aber nicht, dass diese Anmerkung für sich genommen ausreichend ist: Vielmehr stellt sie nur ein Element der Sicherung dar, zu dem zahlreiche weitere, wie insbesondere die Einhaltung des Ratenplans (§§ 9 und 10 BTVG), das Vorliegen der behördlichen Genehmigungen, der Besitz einer zur grundbücherlichen Durchführung des Rechtserwerbs geeigneten Titelurkunde sowie die Sicherstellung der Lastenfreiheit nach § 9 Abs 3 BTVG gehören. Der „erste Euro“ darf also erst ausgezahlt werden, wenn all diese Voraussetzungen erfüllt sind. Fehlt es auch nur an einer einzigen Voraussetzung, so ist das grundbücherliche Sicherungsmodell nicht verwirklicht, alle Zahlungen des Erwerbers werden nicht fällig.

 

Der Treuhänder nach § 12 BTVG darf daher Zahlungen ua erst dann weiterleiten, wenn eine durchsetzbare Freistellungsverpflichtung des Hypothekargläubigers (der finanzierenden Bank) vorliegt, die als solche durchsetzbar sein muss, also letztlich den Hypothekargläubiger zur Einwilligung in die Löschung in grundbuchsfähiger Form verpflichtet. Beim grundbücherlichen Sicherungsmodell bei beabsichtigter Begründung von Wohnungseigentum hat der Treuhänder daher jedenfalls Erklärungen (einschließlich grundbuchsfähige Löschungserklärungen) jener Pfandgläubiger einzuholen, deren Grundbuchsrang dem Rang der Anmerkung gem § 40 Abs 2 WEG 2002 vorangeht. Der Treuhänder muss vor der ersten Auszahlung einer Rate im Besitz einer derartigen Löschungserklärung der Bauträgerfinanzierungsbank sein, die auch eine Aufsandungsklausel enthält.

 

Zu den behördlichen Genehmigungen, die daneben vorliegen müssen, gehört nicht nur die Baugenehmigung, sondern alle zur Einverleibung des Erwerbers notwendigen behördlichen Genehmigungen, wozu auch eine allenfalls erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung zählt. Hinsichtlich der Baugenehmigung kann allerdings gem § 10 Abs 3 BTVG die Fälligkeit der ersten Rate - auch ohne Vorliegen einer Baugenehmigung - bereits vor Baubeginn vereinbart werden, wenn auf Grund des hohen Werts der zu bebauenden Liegenschaft die grundbücherliche Sicherstellung des Erwerbers bereits eine ausreichende Sicherheit bietet.