03.12.2018 Verfahrensrecht

OGH: Änderung der Abgabestelle iSd § 8 ZustG und Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels

Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass eine Abwesenheit von fünf Monaten bzw rund einem halben Jahr als unverhältnismäßig lang und daher als Änderung der bisherigen Abgabestelle anzusehen ist, sodass die Zustellung gem § 8 Abs 2 ZustG zulässig ist; ein Rechtsmittel hat die Vermutung der Rechtzeitigkeit für sich; bleiben Zweifel an der Verspätung des Rechtsmittels, so geht dies zu Lasten der Behörde und nicht des Rechtsmittelwerbers


Schlagworte: Zustellung, Änderung der Abgabestelle, Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels
Gesetze:

 

§ 8 ZustG, § 464 ZPO, § 468 ZPO, § 507 ZPO, § 523 ZPO, § 51 AußStrG

 

GZ 7 Ob 165/18t, 26.09.2018

 

OGH: Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies zufolge § 8 Abs 1 ZustG der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist gem § 8 Abs 2 ZustG, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

 

Die bisherige Abgabestelle wird nach der Rsp auch dann geändert, wenn die Partei an ihr während eines zumindest unverhältnismäßig längeren Zeitraums nicht mehr anzutreffen ist. Der OGH hat bereits ausgesprochen, dass eine Abwesenheit von fünf Monaten bzw rund einem halben Jahr als unverhältnismäßig lang und daher als Änderung der bisherigen Abgabestelle anzusehen ist, sodass die Zustellung gem § 8 Abs 2 ZustG zulässig ist.

 

Das Rekursgericht hat gestützt auf die zuvor dargestellte Rsp die Zustellung nach § 8 Abs 2 ZustG aufgrund der Ortsabwesenheitsmitteilungen des Vaters für seine beiden Postanschriften für den Zeitraum von 16. 2. 2016 bis 15. 2. 2017 für gerechtfertigt erachtet.

 

Der Vater vertritt den Standpunkt, seine Ortsabwesenheitsmitteilung habe nur seine Postanschrift in Wien, nicht aber jene in Salzburg betroffen und es beruhe auf einem Fehler der Post, dass diese in Salzburg die Zustellung des angefochtenen Beschlusses nicht vorgenommen habe.

 

Zu dieser Frage hat das Erstgericht in seinem Beschluss über den Wiedereinsetzungsantrag des Vaters eine Negativfeststellung getroffen, also offen gelassen, „ob die Ortsabwesenheit seitens der Post fehlerhaft vermerkt worden ist“.

 

Ein Rechtsmittel hat die Vermutung der Rechtzeitigkeit für sich. Bleiben Zweifel an der Verspätung des Rechtsmittels, so geht dies zu Lasten der Behörde und nicht des Rechtsmittelwerbers.

 

Im Hinblick auf die bezeichnete Negativfeststellung des Erstgerichts bleibt zweifelhaft, ob die Zustellung nach § 8 Abs 2 ZustG gesetzmäßig war. Das Rekursgericht wird daher das Rechtsmittel des Vaters unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu erledigen haben.