OGH: Zur Frage der analogen Anwendung des § 91 Abs 2 EheG auf erbrachte Dienst- oder Arbeitsleistungen eines Ehegatten für das Unternehmen des anderen
Die Mitwirkung im Erwerb des anderen (und damit die Arbeitsleistung für das Unternehmen des anderen) ist – soweit sie nicht anders abgegolten wurde (vgl § 98 ABGB) – ebenso wie „mittelbare Beitragsleistungen“ durch Haushaltsführung, Kindererziehung und Pflegeleistungen bei der Festlegung des Aufteilungsschlüssels nach § 83 EheG zu berücksichtigen und nicht von § 91 Abs 2 leg cit erfasst
§ 91 EheG, § 83 EheG, §§ 81 ff EheG
GZ 1 Ob 107/18v, 26.09.2018
OGH: Entgegen der Begründung des Rekursgerichts wurde die für erheblich angesehene Rechtsfrage bereits in der E 1 Ob 133/17s geklärt. Investitionen in ein (landwirtschaftliches) Unternehmen sind nach § 91 Abs 2 EheG – so schon der Wortlaut und auch die Intention des Gesetzgebers – nur insofern zu berücksichtigen, als sie aus ehelichem Gebrauchsvermögen oder ehelichen Ersparnissen stammen. Die Mitwirkung im Erwerb des anderen (und damit die Arbeitsleistung für das Unternehmen des anderen) ist – soweit sie nicht anders abgegolten wurde (vgl § 98 ABGB) – ebenso wie „mittelbare Beitragsleistungen“ durch Haushaltsführung, Kindererziehung und Pflegeleistungen bei der Festlegung des Aufteilungsschlüssels nach § 83 EheG zu berücksichtigen und nicht von § 91 Abs 2 leg cit erfasst.
Die Frau hat den Mann während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft durch Arbeit und Aufwendungen in seinen Unternehmen (landwirtschaftlicher Betrieb, Betrieb einer Jausenstation, Privatzimmervermietung, Tischlerei) unterstützt. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass ihre umfangreichen Beiträge iSd § 83 EheG, nämlich die Mitwirkung im Betrieb des Mannes, die Führung des gemeinsamen Haushalts, die Kindererziehung und ihr sonstiger ehelicher Beistand, wie etwa die Pflege der Schwiegermutter und die Versorgung eines Wohnungsberechtigten, den Wertzuwachs ermöglichten, der (nur) dem Mann in dessen Unternehmen zugute kommt, sodass es sachgerecht erscheine, ihr die vorhandene Aufteilungsmasse weitgehend zuzuteilen, ist nicht korrekturbedürftig. Zwar hat das Rekursgericht dabei § 94 Abs 1 – methodisch unzutreffend – iVm einer als „sachgerecht“ angesehenen Analogie zu § 91 Abs 2 EheG herangezogen, jedoch inhaltlich unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der Billigkeit nach § 83 Abs 1 EheG die Ausgleichszahlung mit einem Betrag von 250.000 EUR bemessen.
Die Ermittlung des Aufteilungsschlüssels ist eine Frage des Einzelfalls, die die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nur im Fall einer aufzugreifenden – hier nicht vorliegenden – Fehlbeurteilung rechtfertigen könnte. Eine Ausgleichszahlung ist nicht mit (scheinbar) mathematischer Genauigkeit festzusetzen. In welcher Höhe sich dieser Ausgleich im Rahmen der Aufteilung zu bewegen hat, ist nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu entscheiden.
Die Mitwirkung im Erwerb des Mannes ist, soweit sie nicht anders abgegolten wurde, gem § 83 Abs 2 EheG als Beitrag der Frau zu werten. Ihre Mitwirkungsleistung wurde vom Rekursgericht als ihr Beitrag bei der Verteilung der Aufteilungsmasse angemessen – sie erhält vier Fünftel des Werts – berücksichtigt, ohne dass sie eine Fehlbeurteilung aufzuzeigen vermag.