19.11.2018 Zivilrecht

OGH: Gründung einer GesbR und Anspruch auf Rechnungslegung

Zur Rechnungslegung verpflichtet ist derjenige Gesellschafter, dem die Verwaltung anvertraut ist; der auf die Stellung als Gesellschafter einer GesbR gestützte Rechnungslegungsanspruch setzt jedenfalls das Bestehen einer Gesellschaft voraus


Schlagworte: Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Rechnungslegung
Gesetze:

 

§§ 1175 ff ABGB, § 863 ABGB, Art XLII EGZPO

 

GZ 6 Ob 117/18a, 26.09.2018

 

OGH: Der Vertrag über die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann ausdrücklich oder stillschweigend geschlossen werden. Für den schlüssigen Abschluss eines Gesellschaftsvertrags müssen nach § 863 ABGB Umstände vorliegen, die keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass sich die Beteiligten über den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags einig gewesen sind. Dabei hängt die rechtliche Qualifikation eines Vertrags nicht vom Willen der vertragsschließenden Parteien und der von ihnen allenfalls gewählten Bezeichnung ab, sondern in erster Linie vom Inhalt ihrer – ausdrücklich oder schlüssig getroffenen – Vereinbarungen. Es kommt auch nicht darauf an, ob sie sich der rechtlichen Tragweite ihres Verhaltens bewusst waren, solange ihre Absicht auf die für den Vertragstyp charakteristischen Elemente gerichtet ist.

 

Gesellschaftsverträge sind Verträge der wirtschaftlichen Organisation. Für das Zustandekommen einer GesbR genügt daher nicht, dass mehrere Personen am Eintritt eines bestimmten Erfolgs interessiert sind oder dass sie in einfacher Rechtsgemeinschaft stehen. Es muss vielmehr eine, wenn auch lose, Gemeinschaftsorganisation zwischen den Beteiligten vereinbart sein, die jedem Partner gewisse Einwirkungs- oder Mitwirkungsrechte gibt.

 

Die Frage, ob aufgrund des Zusammenwirkens zweier oder mehrerer Personen schlüssig eine GesbR errichtet wurde, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden

 

Anspruchsgrundlage für das Begehren auf Rechnungslegung ist für die Zeit bis zur Auflösung einer GesbR § 1198 ABGB idF vor BGBl I 83/2014 bzw § 1194 ABGB idF BGBl I 83/2014. Die genannten Bestimmungen weichen hinsichtlich der Passivlegitimation nicht voneinander ab: Zur Rechnungslegung verpflichtet ist derjenige Gesellschafter, dem die Verwaltung anvertraut ist (§ 1198 ABGB aF; § 1194 Abs 1 ABGB idF BGBl I 83/2014: der geschäftsführende Gesellschafter). Der auf die Stellung als Gesellschafter einer GesbR gestützte Rechnungslegungsanspruch setzt daher jedenfalls das Bestehen einer Gesellschaft voraus.