OGH: Verträge mit Gemeinden
Ein Vertrag mit einer Gemeinde kann auch schlüssig abgeschlossen werden; stets muss aber das zur Bewilligung der Vereinbarung berufene Organ der Gemeinde das Verhalten iSd § 863 ABGB setzen; es muss also das vertretungsbefugte Organ den erforderlichen Anschein erweckt haben; das Verhalten des Scheinvertreters ist unerheblich
§ 867 ABGB, § 863 ABGB, § 1029 ABGB
GZ 6 Ob 156/18m, 26.09.2018
OGH: Bei Verträgen mit Gemeinden ergibt sich aus § 867 ABGB, dass es für die Vertretungsbefugnis des jeweiligen Organs entscheidend auf die Bestimmungen der Gemeindeordnung ankommt; wer mit einer Gemeinde einen Vertrag abschließt, muss die für ihre Willensbildung geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen beachten und auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er sie nicht gekannt haben sollte. In Bestimmungen der Gemeindeordnungen enthaltene Beschränkungen der Vertretungsbefugnis der Gemeindeorgane wirken daher auch gegen jeden Dritten.
Allerdings kann ein Vertrag mit einer Gemeinde auch schlüssig abgeschlossen werden. Der Vertragspartner ist jedenfalls dann in seinem Vertrauen auf den äußeren Tatbestand zu schützen, wenn das zuständige Organ (der Gemeinderat) im Wege einer Anscheinsvollmacht oder Duldungsvollmacht den Anschein erweckt hat, die Handlung sei durch seine Beschlussfassung gedeckt. Auch eine schlüssige Genehmigung des vollmachtslosen Handelns des Bürgermeisters durch den Gemeinderat ist möglich. Ebenso kann ein bloß passives Verhalten des Gemeinderats beachtlich sein.
Stets muss aber das zur Bewilligung der Vereinbarung berufene Organ der Gemeinde das Verhalten iSd § 863 ABGB setzen. Es muss also das vertretungsbefugte Organ den erforderlichen Anschein erweckt haben; das Verhalten des Scheinvertreters ist unerheblich. Das Vertrauen des Dritten muss seine Grundlage im Verhalten des Vollmachtgebers haben, der diesen äußeren Tatbestand schuf und die Überzeugung des Dritten vom Vorhandensein der Vertretungsmacht begründete.
Im vorliegenden Fall sind den Feststellungen keinerlei Handlungen des zuständigen Gemeinderats zu entnehmen, aus denen auf eine Zustimmung zur Änderung des Vertrags geschlossen werden könnte. Aus der von der Revision genannten Mitteilung der beklagten Partei an die Gemeinde und einem Bericht in der Gemeindezeitung kann dies keinesfalls abgeleitet werden, weil es sich bloß um eine einseitige Mitteilung der beklagten Partei selbst handelte, die bestenfalls als Angebot zur Vertragsänderung gedeutet werden könnte. Eine bloße Vorsorge im Gemeindebudget für bestimmte Arbeiten beinhaltet nach der Judikatur keine (schlüssige) Bevollmächtigung des Bürgermeisters zum diesbezüglichen Vertragsabschluss. Umso weniger kann daher bei Anlegung des von § 863 ABGB geforderten strengen Maßstabs aus der Verbuchung der überwiesenen reduzierten Standortnachteileabgeltungen als Einnahme ein Verzicht auf weitergehende Ansprüche oder eine Zustimmung zu einer neuen Berechnungsmodalität abgeleitet werden, bei der bestimmte Container nicht mehr berücksichtigt werden.