29.10.2018 Strafrecht

OGH: Unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen – „anvertraut“ iSd § 136 Abs 4 StGB

Überschreitet der Dienstnehmer eine ihm erteilte Fahrerlaubnis, so bleibt er jedenfalls (also selbst bei erheblichen Gebrauchsüberschreitungen) straffrei und muss (nur) mit dienstrechtlichen Konsequenzen rechnen (sog „Dienstnehmerprivileg“)


Schlagworte: Unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen, anvertraut, Dienstgeber, Gebrauchsüberschreitungen
Gesetze:

 

§ 136 StGB

 

GZ 14 Os 70/18b, 03.08.2018

 

OGH: Wer ein zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtetes Fahrzeug ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch nimmt (§ 136 Abs 1 StGB) ist (ua) nicht zu bestrafen, wenn ihm das Fahrzeug von seinem dazu berechtigten Dienstgeber anvertraut war (§ 136 Abs 4 erster Satz zweiter Fall StGB).

 

Anvertrauen meint in diesem Zusammenhang die Erteilung einer generellen Fahrerlaubnis, mag sie auch bestimmten Einschränkungen unterliegen, nicht aber die bloß fallweise oder vorübergehende, einem einzelnen Auftrag oder bestimmten Zweck dienende Überlassung eines Fahrzeugs.

 

Besteht die Arbeitspflicht des Dienstnehmers im Lenken eines Fahrzeugs, das ihm vom – nicht bloß vorübergehend – verfügungsberechtigten Dienstgeber übergeben wurde, so ist es idR anvertraut.

 

Überschreitet der Dienstnehmer eine ihm erteilte Fahrerlaubnis, so bleibt er jedenfalls (also selbst bei erheblichen Gebrauchsüberschreitungen) straffrei und muss (nur) mit dienstrechtlichen Konsequenzen rechnen (sog „Dienstnehmerprivileg“).

 

Im gegenständlichen Fall hat das LG Wels Feststellungen getroffen, die ein Vertrauensverhältnis iSd § 136 Abs 4 erster Satz letzter Fall StGB tragen. Denn dass die L***** GmbH Fahrten außerhalb des Bundeslandes und außerhalb des Bundesgebiets untersagt hat, steht – nach dem zuvor Gesagten – dieser Annahme nicht entgegen. Bei (allenfalls konkludenter) Zustimmung des Dienstgebers auch zu solchen Fahrten läge ohnehin ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vor.

 

Indem das LG Wels den Strafausschließungsgrund nach § 136 Abs 4 erster Satz letzter Fall StGB nicht angewendet hat, verletzt das Urteil im Schuldspruch 2./ § 136 Abs 1 und Abs 4 StGB.