22.10.2018 Strafrecht

OGH: Verbindung zweier konnexer Verfahren gem § 37 Abs 3 StPO nF

Die Verbindung zweier konnexer Verfahren gem § 37 Abs 3 StPO setzt voraus, dass beide Anklagen rechtswirksam sind; für die Zuständigkeit zur Verbindung und Führung beider Verfahren kommt es in der von § 37 Abs 3 zweiter Halbsatz iVm § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO bedachten Konstellation – anders als nach alter Rechtslage (vor BGBl I 2016/121) – zusätzlich darauf an, wann und bei welchem Gericht zuerst eine der beiden Anklagen rechtswirksam wurde: Dieses Gericht ist, wenn im Verhältnis der zu verbindenden Verfahren § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO anzuwenden wäre, zuständigkeitsbegründend „zuvorgekommen“; in die Zuständigkeit welchen Gerichts „die frühere Straftat fällt“ (§ 37 Abs 2 zweiter Satz StPO), ist dann (gerade) nicht mehr maßgeblich


Schlagworte: Zuständigkeit des Zusammenhangs, Verbindung zweier Verfahren
Gesetze:

 

§ 37 StPO

 

GZ 11 Ns 35/18p, 19.07.2018

 

OGH: Gem § 37 Abs 3 erster Halbsatz StPO (idgF BGBl I 2016/121) sind Verfahren zu verbinden, sofern zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein Hauptverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist. Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich (auch) in diesem Fall nach § 37 Abs 1 und Abs 2 StPO mit der Maßgabe, dass das Verfahren im (hier vorliegenden) Fall des § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO dem Gericht zukommt, bei dem die Anklage zuerst rechtswirksam geworden ist (§ 37 Abs 3 zweiter Halbsatz StPO).

 

Die Verbindung zweier konnexer Verfahren gem § 37 Abs 3 StPO setzt voraus, dass beide Anklagen rechtswirksam sind. Für die Zuständigkeit zur Verbindung und Führung beider Verfahren kommt es in der von § 37 Abs 3 zweiter Halbsatz iVm § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO bedachten Konstellation – anders als nach alter Rechtslage (vor BGBl I 2016/121) – zusätzlich darauf an, wann und bei welchem Gericht zuerst eine der beiden Anklagen rechtswirksam wurde: Dieses Gericht ist, wenn im Verhältnis der zu verbindenden Verfahren § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO anzuwenden wäre, zuständigkeitsbegründend „zuvorgekommen“. In die Zuständigkeit welchen Gerichts „die frühere Straftat fällt“ (§ 37 Abs 2 zweiter Satz StPO), ist dann (gerade) nicht mehr maßgeblich.

 

§ 37 Abs 3 StPO gilt auch im Verfahren vor dem Bezirksgericht. Soweit § 37 Abs 3 StPO die Rechtswirksamkeit der Anklage voraussetzt, ist daher auch im bezirksgerichtlichen Verfahren ebendiese maßgeblich.

 

Im Verfahren vor dem BG tritt die Rechtswirksamkeit der Anklage mit dem positiven – die Prozessvoraussetzungen bejahenden – Abschluss einer amtswegigen Vorprüfung des Strafantrags ein. Dieser positive Abschluss zeigt sich sodann im darauf folgenden Akt der Einleitung des Hauptverfahrens. Diese „Einleitung“ (§ 4 Abs 2 StPO) geschieht im Verfahren durch die in § 450 StPO normierte Anordnung der Hauptverhandlung. Unter dieser Anordnung wird keineswegs nur das „Ausschreiben“ (dieser Begriff ist zwar in der Praxis seit jeher gängig, aber kein verbum legale – vgl etwa § 485 StPO) einer Hauptverhandlung (vgl § 221 Abs 1 StPO), sondern jedes Verhalten des Gerichts verstanden, das die Bejahung der Prozessvoraussetzungen unmissverständlich erkennen lässt.

 

In diesem Sinn ist von der Rechtswirksamkeit eines Strafantrags auch dann auszugehen, wenn das damit angerufene Bezirksgericht „sein“ Verfahren – iSd § 37 Abs 3 StPO – einem anderen Gericht zur Verbindung mit einem dort anhängigen, konnexen Hauptverfahren überweist. Denn diese Verfügung bringt zum Ausdruck, dass das betreffende Gericht zuvor die Prozessvoraussetzungen (§ 450 erster Satz, § 451 Abs 2 StPO; Zuständigkeit nach § 36 Abs 3, Abs 5; § 37 Abs 1, Abs 2 StPO) – isoliert, also noch ohne Rücksicht auf eine erst danach gebotene Verfahrensverbindung (§ 37 Abs 3 StPO) – für das bei ihm selbst anhängig gemachte Hauptverfahren bejaht hat. Eine solche Verfügung ist daher als „Anordnung“ der Hauptverhandlung aufzufassen.

 

Nach der Aktenlage wurde die Anklage beim BG Josefstadt durch die hier in der „Ausschreibung“ bestehende Anordnung der Hauptverhandlung am 8. Jänner 2018 rechtswirksam. Die Anklage beim BG Linz wurde erst mit der Überweisung zur Verbindung gem § 37 Abs 3 erster Halbsatz StPO am 15. März 2018 rechtswirksam.

 

Damit ist das BG Josefstadt gem § 37 Abs 3 zweiter Halbsatz StPO – kraft Zuvorkommens – für das Verfahren zuständig, ohne dass es darauf ankäme, in die Zuständigkeit welches Bezirksgerichts die frühere Straftat (§ 37 Abs 2 zweiter Satz iVm § 36 Abs 3 StPO) fällt oder wo der Strafantrag früher eingebracht wurde.