22.10.2018 Zivilrecht

OGH: Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum – zur Frage, ob die Beschränkung der Belastung des Beklagten mit Umbaukosten als Folge einer Schad- und Klagloserklärung den Einwand der Untunlichkeit der Realteilung entkräften kann

Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich erklärt, den Beklagten hinsichtlich der Kosten der Trennung in zwei Wohnungseigentumsobjekte, die über einen Betrag von 30.000 EUR hinausgehen, vollkommen schad- und klaglos zu halten; dabei ging sie davon aus, dass ein Gesamtaufwand von 60.000 EUR (7 % des Verkehrswerts) nicht unangemessen sei; das Erstgericht ist diesem Argument gefolgt und hat im Urteil ausdrücklich ausgesprochen, dass die den Beklagten treffenden Kosten höchstens 30.000 EUR betragen, aber darüber hinausgehende Kosten endgültig von der Klägerin zu tragen seien; das von den Vorinstanzen erzielte Ergebnis, unverhältnismäßig hohe Teilungskosten seien aufgrund dieser Kostenbeschränkung kein Teilungshindernis, hält sich im Rahmen der bisherigen Rsp


Schlagworte: Miteigentumsrecht, Realteilung, Begründung von Wohnungseigentum, Untunlichkeit, Beschränkung der Belastung, Schad- und Klagloserklärung, Veräußerungs- und Belastungsverbot, wechselseitiges Vorkaufsrecht
Gesetze:

 

§ 830 ABGB, § § 843 ABGB, §§ 825 ff ABGB, § 3 WEG 2002, § 351 EO, § 364c ABGB

 

GZ 5 Ob 138/18g, 28.08.2018

 

OGH: Im Verfahren über die Realteilung durch Begründung von Wohnungseigentum ist im Titelverfahren jedenfalls darüber abzusprechen, ob die Möglichkeit einer Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum besteht. Der diese Teilung anstrebende Teilhaber muss zwar die notwendigen rechtserzeugenden Tatsachen behaupten und nachweisen. Die Rsp fordert jedoch nicht die Aufnahme eines Teilungsvorschlags in das Klagebegehren. Enthält der Titel keine konkrete Teilungsanordnung, erfolgt die Teilung im Exekutionsverfahren nach § 351 EO.

 

Das Klagebegehren auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum, dem das Erstgericht stattgegeben hat, entspricht der Mindestanforderung, die an ein derartiges Klagebegehren gestellt wird. Es ist weder unschlüssig noch unbestimmt.

 

Unverhältnismäßig hohe Teilungskosten können die Naturalteilung unzulässig machen. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Im Fall von Umbaukosten iHv 16 % des Verkehrswerts der Liegenschaft bejahte der OGH die Untunlichkeit der Naturalteilung, nicht aber bei einer Relation von ca 3 % oder nicht einmal 8 %. Wegen des gesetzlichen Vorrangs der Naturalteilung (§ 843 ABGB) darf bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit kein kleinlicher Maßstab angelegt werden.

 

Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt 848.500 EUR. Zur Begründung von zwei unabhängigen Wohnungseigentumsobjekten bedarf es eines jeweils eigenen Wohnungszugangs sowie einer getrennten Strom- und Wasserversorgung sowie einer Trennung der Heizversorgung beider Wohneinheiten bzw deren Auslagerung in einen allgemeinen Bereich. Die Gesamtkosten für diese möglichen baulichen Änderungen betragen 137.886 EUR oder 186.866,80 EUR im Fall der zusätzlicher Errichtung einer Terrasse und einer Freitreppe. In der ersten Variante sind das rund 16 % des Verkehrswerts, in der zweiten rund 22 %.

 

Die Untunlichkeit wegen unverhältnismäßig hoher Teilungskosten kann nach LuRsp durch eine Erklärung des Teilungswilligen, die Kosten zu übernehmen, entkräftet werden. Eine gänzliche Befreiung fordert der OGH nicht zwingend. So verwies er zu 5 Ob 103/17h auf die Bedeutung der prozessualen Erklärung der Beklagten, dem Kläger dessen zwei Neuntel (Miteigentums-)Anteil an den von ihnen ermittelten Teilungs- und Erschließungskosten zu ersetzen.

 

Dieser Grundsatz, dass Erklärungen zur Übernahme von – in der Relation zum Verkehrswert an sich unverhältnismäßig hohen – Kosten der Realteilung diese nicht untunlich machen, kommt um so mehr zum Tragen, wenn der Entfall oder die Beschränkung der Kostenbelastung nicht nur auf einer – nicht annahmebedürftigen – Erklärung, sondern zusätzlich auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht, die (unvollkommen) rechtsgestaltend die Realteilung einschließlich einer derartigen Beschränkung anordnet.

 

Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich erklärt, den Beklagten hinsichtlich der Kosten der Trennung in zwei Wohnungseigentumsobjekte, die über einen Betrag von 30.000 EUR hinausgehen, vollkommen schad- und klaglos zu halten. Dabei ging sie davon aus, dass ein Gesamtaufwand von 60.000 EUR (7 % des Verkehrswerts) nicht unangemessen sei. Das Erstgericht ist diesem Argument gefolgt und hat im Urteil ausdrücklich ausgesprochen, dass die den Beklagten treffenden Kosten höchstens 30.000 EUR betragen, aber darüber hinausgehende Kosten endgültig von der Klägerin zu tragen seien. Das von den Vorinstanzen erzielte Ergebnis, unverhältnismäßig hohe Teilungskosten seien aufgrund dieser Kostenbeschränkung kein Teilungshindernis, hält sich im Rahmen der bisherigen Rsp.

 

Das zugunsten der Mutter der Streitteile auf jedem Hälfteanteil einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbot (§ 364c ABGB) steht der begehrten Realteilung nicht entgegen. Ein auf der ganzen Liegenschaft lastendes Veräußerungs- und Belastungsverbot hindert zwar eine Zivilteilung durch Versteigerung im Verfahren nach § 352 EO, nicht aber die Realteilung durch Begründung von Wohnungseigentum (die hier bereits im Schenkungsvertrag mit der verbotsberechtigten Schenkerin geplant war). Bei der Begründung von Wohnungseigentum wird die Miteigentumsgemeinschaft nicht aufgehoben, sondern nur in anderer Form fortgesetzt. Zufolge § 847 ABGB bleibt diese Last nach der Begründung von Wohnungseigentum auf den mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteilen der Teilhaber bestehen.

 

Das zwischen den Parteien vereinbarte wechselseitige Vorkaufsrecht steht der Aufhebung der Gemeinschaft durch Begründung von Wohnungseigentum ebenfalls nicht entgegen.

 

Die den Teilhabern nach einer Realteilung zufallenden Teilstücke müssen gleichwertig und annähernd gleich beschaffen sein, ohne dass ein unverhältnismäßig hoher Wertausgleich notwendig wird. Warum dies bei den zu schaffenden Wohnungseigentumsobjekten im Ausmaß von 116,01 m² und 108,13 m² nicht der Fall sein sollte, erklärt die Revision nicht.