22.10.2018 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob ein als Insasse seines Fahrzeugs zu Schaden gekommener Mithalter bloß einen anteilig verminderten Anspruch gegen den Haftpflichtversicherer seines Fahrzeugs hat

Voraussetzung für die Haftung des Versicherers ist, dass den Versicherungsnehmer oder den Mitversicherten eine Schadenersatzpflicht trifft; § 2 Abs 1 KHVG begründet keine von der Ersatzpflicht dieser Personen unabhängige Schadenersatzpflicht des Versicherers; trifft weder den Versicherungsnehmer noch einen Mitversicherten eine Schadenersatzpflicht, so haftet der Versicherer auch dann nicht, wenn der Schaden durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs verursacht wurde; gem § 5 Abs 2 EKHG haften mehrere Halter desselben Kraftfahrzeugs zur ungeteilten Hand; damit wird nach der Rsp auf §§ 891 ff ABGB verwiesen, sodass für den Rückgriff im Verhältnis zwischen mehreren Haltern § 896 ABGB einschlägig ist; auch dann, wenn ein Mithalter von einem geschädigten weiteren Mithalter in Anspruch genommen wird, betrifft es ausschließlich das §§ 891 ff ABGB unterliegende Innenverhältnis zwischen den Mithaltern, in welchem Umfang der (von seinem Mithalter) zur Haftung herangezogene Halter Rückgriff beim geschädigten Halter nehmen kann und inwieweit dieser seinen Schaden daher letztlich selbst zu tragen hat; der Anspruch stellende geschädigte Mithalter kann gegen sich selbst als Mithalter keinen Ersatz geltend machen, sondern nur gegen den weiteren Mithalter


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Versicherungsrecht, Gefährdungshaftung, Haftpflicht, Halter, Mithalter, anteilig verminderter Anspruch
Gesetze:

 

§ 2 KHVG, § 5 EKHG, § 896 ABGB, §§ 891 ff ABGB, §§ 1295 ff ABGB

 

GZ 2 Ob 228/17v, 24.09.2018

 

OGH: Der Deckungsumfang des KFZ-Haftpflichtversicherers ist in § 2 KHVG gesetzlich zwingend umschrieben. Nach Abs 1 dieser Bestimmung umfasst die Versicherung die Befriedigung begründeter oder die Abwehr unbegründeter Ersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden, wenn durch die Verwendung des versicherten Fahrzeugs Personen verletzt oder getötet werden, Sachen beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen sind oder ein Vermögensschaden verursacht worden ist, der weder Personen- noch Sachschaden ist (bloßer Vermögensschaden). Voraussetzung für die Haftung des Versicherers ist daher, dass den Versicherungsnehmer oder den Mitversicherten eine Schadenersatzpflicht trifft. § 2 Abs 1 KHVG begründet keine von der Ersatzpflicht dieser Personen unabhängige Schadenersatzpflicht des Versicherers. Trifft weder den Versicherungsnehmer noch einen Mitversicherten eine Schadenersatzpflicht, so haftet der Versicherer auch dann nicht, wenn der Schaden durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs verursacht wurde.

 

Die Haftung der beklagten Partei für die von der Klägerin als Erbin geltend gemachten Begräbniskosten hängt daher davon ab, ob ihre Rechtsvorgänger (die Verlassenschaften nach den beiden Elternteilen) aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen über einen Schadenersatzanspruch gegen eine der in § 2 Abs 1 KHVG genannten Personen (Versicherungsnehmer oder Mitversicherte) verfügten. Unter den „gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen“ iS dieser Vorschrift sind nach stRsp sowohl jene des EKHG als auch die Schadenersatznormen des ABGB zu verstehen.

 

Ein Ersatzanspruch aufgrund einer Verschuldenshaftung des Lenkers scheidet nach den Verfahrensergebnissen aus. Es verbleibt daher die Gefährdungshaftung des Halters nach dem EKHG als Anspruchsgrundlage.

 

Halter des verunfallten Fahrzeugs waren die Eltern der Klägerin gemeinsam. Gem § 5 Abs 2 EKHG haften mehrere Halter desselben Kraftfahrzeugs zur ungeteilten Hand. Damit wird nach der Rsp auf §§ 891 ff ABGB verwiesen, sodass für den Rückgriff im Verhältnis zwischen mehreren Haltern § 896 ABGB einschlägig ist. Auch dann, wenn ein Mithalter von einem geschädigten weiteren Mithalter in Anspruch genommen wird, betrifft es ausschließlich das §§ 891 ff ABGB unterliegende Innenverhältnis zwischen den Mithaltern, in welchem Umfang der (von seinem Mithalter) zur Haftung herangezogene Halter Rückgriff beim geschädigten Halter nehmen kann und inwieweit dieser seinen Schaden daher letztlich selbst zu tragen hat. Der Anspruch stellende geschädigte Mithalter kann gegen sich selbst als Mithalter keinen Ersatz geltend machen, sondern nur gegen den weiteren Mithalter. Die Berücksichtigung des Innenverhältnisses bei der Berechnung dieses Anspruchs entspricht höchstgerichtlicher Judikatur. Ist zwischen den Mithaltern ein besonderes Verhältnis iSd § 896 ABGB nicht erkennbar, hat es bei der subsidiären Teilung nach Köpfen zu bleiben.

 

Dieser bereits bestehenden Rsp, mit der die angefochtene Entscheidung im Einklang steht, hält die Klägerin keine Argumente entgegen, die iSd § 502 Abs 1 ZPO eine weitere Prüfung erforderlich machen würden.