OGH: Zur Frage, ob für das Recht auf Akteneinsicht in die die Einkommens- und Vermögensangelegenheiten betreffenden Teile des Sachwalterschaftsakts die Zustimmung aller erbantrittserklärten Erben vorliegen muss
Einer von zumindest zwei (bloß) erbantrittserklärten Erben hat jedenfalls gegen den ausdrücklichen Willen eines anderen erbantrittserklärten Erben kein Akteneinsichtsrecht nach § 141 AußStrG bezüglich der Einkommens- und Vermögensangelegenheiten
§ 141 AußStrG
GZ 9 Ob 34/18t, 17.05.2018
OGH: Gem § 141 AußStrG („Vertraulichkeit der Einkommens- und Vermögensverhältnisse“) dürfen Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse vom Gericht nur dem betroffenen Pflegebefohlenen und seinen gesetzlichen Vertretern, nicht aber sonstigen Personen oder Stellen erteilt werden. Diese Bestimmung schränkt die Akteneinsicht im Interesse der Geheimhaltung der Vermögensverhältnisse der beteiligten Pflegebefohlenen im Sachwalterschaftsverfahren für Dritte ein. § 141 AußStrG ist als lex specialis für das II. Hauptstück des AußStrG anzusehen und bezieht sich auf das Ehe-, Kindschafts,- und Sachwalterschaftsverfahren, durch die die Grundregel des § 22 AußStrG iVm § 219 ZPO verdrängt wird.
Der OGH hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass Dritten im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 141 AußStrG grundsätzlich kein Recht auf Akteneinsicht zukommt, ohne dass es auf ein (sonst) als „rechtlich“ zu qualifizierendes Interesse des Antragstellers ankäme. Dies soll dann nicht gelten, wenn die Akteneinsicht (ausschließlich) im Interesse des Pflegebefohlenen erfolgte.
§ 141 AußStrG ist nach stRsp auch nach dem Tod der betroffenen Person anzuwenden. Die Rechte des Betroffenen gehen auf dessen Erben über. Einem eingeantworteten Erben des Betroffenen ist nach gesicherter Rsp ein Recht auf Akteneinsicht in den Sachwalterschaftsakt zu gewähren, soweit dies die Einkommens- und Vermögensangelegenheiten betrifft. Der Erbe ist in vermögensrechtlichen Belangen nicht „Dritter“, vielmehr ist er in die Rechte des Betroffenen im Sachwalterschaftsverfahren eingetreten und Universalsukzessor. Damit besteht ihm gegenüber kein Bedürfnis auf Geheimhaltung.
Der Antragsteller ist (bisher) nicht eingeantworteter Erbe und damit (noch) nicht Universalsukzessor des Verstorbenen. Als einer von zumindest zwei bloß erbantrittserklärten Erben hat er daher jedenfalls gegen den ausdrücklichen Willen eines anderen erbantrittserklärten Erben kein Akteneinsichtsrecht nach § 141 AußStrG bezüglich der Einkommens- und Vermögensangelegenheiten.
Die Entscheidung 1 Ob 98/12m stützt den Standpunkt des Revisionsrekurswerbers nicht, weil darin die Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren gar nicht vorgebracht hat, eine Erbantrittserklärung abgegeben zu haben. Soweit der Revisionsrekurs keinen sachlichen Grund erkennt, im vorliegenden Fall die Mitwirkung aller vertretungsberechtigten Miterben zu fordern, weil die Verlassenschaft durch die Akteneinsicht nicht belastet würde, wird übersehen, dass § 141 AußStrG eine Schutzvorschrift im Sachwalterschaftsverfahren zu Gunsten des Pflegebefohlenen darstellt, die auch nach dessen Tod anzuwenden ist. Überlegungen des Revisionsrekurswerbers zur möglichen Verjährung eines uU gegenüber seiner Halbschwester und ehemaligen Sachwalterin des Betroffenen bestehenden Schadenersatzanspruchs wegen allfälliger Versäumnisse und Pflichtwidrigkeiten im Rahmen der Vermögensverwaltung des Betroffenen sind nicht geeignet, den Ausschluss Dritter von der Akteneinsicht (§ 141 AußStrG) zu durchbrechen.