OGH: § 14 ArbVG, § 16 ArbVG – künftige Abfertigungsansprüche gem § 23 AngG nur nach dem jeweiligen Teilzeitentgelt auf Basis von 29 Stunden bei Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit des Klägers von 38,5 Stunden auf 29 Stunden?
Aus § 16 AVRAG folgt, dass eine „andere Vereinbarung“ (durch Arbeitsvertrag oder Normen der kollektiven Rechtsgestaltung) nur eine für den Arbeitnehmer im Vergleich zu der in § 14 Abs 4 Satz 2 AVRAG angeordneten Durchschnittsbetrachtung günstigere Regel sein kann; da sich § 14 Abs 4 AVRAG explizit als Modifikation der Abfertigungsregeln nach AngG (bzw ArbAbfG oder GAngG) versteht, liegt insoweit eine nach § 16 AVRAG vor Verschlechterungen geschützte Rechtsposition des Arbeitnehmers vor
§ 14 ArbVG, § 16 ArbVG, § 23 AngG
GZ 8 ObA 29/18z, 19.07.2018
OGH: § 16 AVRAG ordnet an, dass alle Rechte, die dem Arbeitnehmer aufgrund der §§ 2 bis 15a AVRAG zustehen, durch Arbeitsvertrag oder Normen der kollektiven Rechtsgestaltung weder aufgehoben noch beschränkt werden können. Die Regelungen des AVRAG sind insofern relativ zwingend, als nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers davon abgewichen werden kann. Abweichende Regelungen zB im Arbeitsvertrag sind also nur zulässig, soweit sie für den Arbeitnehmer günstiger als die Anordnungen im Gesetz sind.
§ 14 AVRAG wurde durch das ASRÄG 1997 BGBl I 139/1997 ua mit dem Ziel ins Gesetz eingefügt, „Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine flexible Gestaltung des Arbeitslebens zu erleichtern, ohne aber die arbeitsrechtliche Stellung der Arbeitnehmer zu verschlechtern (Abfertigung, Kündigungsschutz)“.
Vor diesem Hintergrund modifiziert § 14 Abs 4 AVRAG die Abfertigungsregeln nach AngG, ArbAbfG und GAngG bei Herabsetzung der Normalarbeitszeit durch Vereinbarung nach § 14 Abs 2 AVRAG: Gem § 14 Abs 4 Satz 1 AVRAG hat eine solche Vereinbarung keine negative Auswirkung auf den Anspruch auf Abfertigung – insbesondere auch nach § 23 AngG –, wenn die Herabsetzung der Normalarbeitszeit weniger als zwei Jahre gedauert hat. Hat sie – wie hier – zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits länger als zwei Jahre gedauert, so ist nach § 14 Abs 4 Satz 2 AVRAG – sofern keine andere Vereinbarung abgeschlossen wird – bei der Berechnung einer nach dem AngG, dem ArbAbfG oder dem GAngG zustehenden Abfertigung für die Ermittlung des Monatsentgelts vom Durchschnitt der während der für die Abfertigung maßgeblichen Dienstjahre geleisteten Arbeitszeit auszugehen.
Aus § 16 AVRAG folgt, dass eine „andere Vereinbarung“ nur eine für den Arbeitnehmer im Vergleich zu der in § 14 Abs 4 Satz 2 AVRAG angeordneten Durchschnittsbetrachtung günstigere Regel sein kann. Da sich § 14 Abs 4 AVRAG explizit als Modifikation der Abfertigungsregeln nach AngG (bzw ArbAbfG oder GAngG) versteht, liegt insoweit eine nach § 16 AVRAG vor Verschlechterungen geschützte Rechtsposition des Arbeitnehmers vor.
Die Vorinstanzen haben daher die zwischen den Parteien anlässlich der Herabsetzung der Normalarbeitszeit getroffene Vereinbarung, wonach künftige Abfertigungsansprüche unter Abbedingung einer Durchschnittsbetrachtung aller maßgeblichen Dienstjahre gem § 23 AngG nur nach dem jeweiligen Teilzeitentgelt auf Basis von 29 Stunden berechnet werden, zutreffend als unwirksam beurteilt.