OGH: Die Unterhaltsbemessung kann im Hinblick auf § 292b EO zwar über die Grenze des § 291b EO hinausgehen, jedoch ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltspflichtige nicht so weit belastet wird, dass er in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre
Nur in besonderen Ausnahmefällen kann daher auch unter das – vielfach als „absolute Belastungsgrenze“ bezeichnete – niedrigste Unterhaltsexistenzminimum iHv 75 % des allgemeinen Grundbetrags (§ 291b Abs 2 iVm § 291a Abs 1 EO) herabgegangen werden; als ein solcher Ausnahmefall wurde der Fall angesehen, dass der Unterhaltspflichtige einen geringeren Geldbedarf hat, wenn üblicherweise aus dem Existenzminimum abgedeckte Kosten für Verpflegung oder Unterkunft durch einen mit dem Unterhaltsschuldner im gemeinsamen Haushalt lebenden und über eigene Einkünfte verfügenden Ehepartner oder Lebensgefährten anteilig getragen werden
§ 231 ABGB, § 292b EO, § 291b EO, § 291a EO
GZ 9 Ob 41/18x, 28.06.2018
OGH: Nach stRsp hat dem Unterhaltsschuldner ein Betrag zu verbleiben, der zur Erhaltung seiner Körperkräfte und seiner geistigen Persönlichkeit notwendig ist. Die Bestimmungen der EO können als Orientierungshilfe bei der Ermittlung der Belastungsgrenze im Rahmen der Unterhaltsbemessung dienen. Die Unterhaltsbemessung kann im Hinblick auf § 292b EO zwar über die Grenze des § 291b EO hinausgehen, jedoch ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltspflichtige nicht so weit belastet wird, dass er in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann daher auch unter das – vielfach als „absolute Belastungsgrenze“ bezeichnete – niedrigste Unterhaltsexistenzminimum iHv 75 % des allgemeinen Grundbetrags (§ 291b Abs 2 iVm § 291a Abs 1 EO) herabgegangen werden. Als ein solcher Ausnahmefall wurde der Fall angesehen, dass der Unterhaltspflichtige einen geringeren Geldbedarf hat, wenn üblicherweise aus dem Existenzminimum abgedeckte Kosten für Verpflegung oder Unterkunft durch einen mit dem Unterhaltsschuldner im gemeinsamen Haushalt lebenden und über eigene Einkünfte verfügenden Ehepartner oder Lebensgefährten anteilig getragen werden.
Ob dies hier der Fall ist, kann aufgrund der vorliegenden Sachverhaltsfeststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden. Fest steht, dass der unterhaltspflichtige Vater wieder verheiratet ist. Seinen Angaben vom 13. 6. 2017 zufolge bezieht seine Ehegattin Notstandshilfe iHv 970 EUR monatlich. Im Rekurs vom 14. 10. 2017 erklärte der Vater, dass seine Ehegattin im fünften Monat schwanger sei. Dass der Vater mit seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt lebt, ist zwar naheliegend, den bisherigen Verfahrensergebnissen lässt sich dies aber nicht mit Sicherheit entnehmen. Aufgrund des im Außerstreitverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 16 Abs 1 AußStrG) hätte das Erstgericht zufolge der vorliegenden Anhaltspunkte von Amts wegen Erhebungen über die Lebensverhältnisse des unterhaltspflichtigen Vaters und gegebenenfalls seiner Ehegattin pflegen und entsprechende Feststellungen treffen müssen.
Im fortzusetzenden Verfahren wird daher zu erheben sein, ob und in welchem Umfang sich der unterhaltspflichtige Vater durch seine konkrete Wohnsituation (mit seiner Ehegattin) Kosten der Unterkunft und allenfalls auch der Verpflegung erspart. Leben der unterhaltspflichtige Vater und dessen Ehegattin im gemeinsamen Haushalt, dann wird zu prüfen sein, ob die Ehegattin (unter Berücksichtigung ihrer Sorgepflichten) über Eigenmittel in einer Höhe verfügt, die sie in die Lage versetzen, zu den gemeinsamen Wohnungs- und Haushaltskosten beizutragen. Erst danach kann eine Entscheidung darüber getroffen werden, wie sich dies auf die äußerste Belastungsgrenze und damit auch auf die Höhe der Unterhaltspflichten des Vaters gegenüber D***** und S***** auswirkt.