OGH: Zur Frage, in welchem Umfang eine Ermessensentscheidung über die Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes bei Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit nach § 16 Abs 2 Z 1 WEG 2002 bereits im streitigen Verfahren vorzunehmen ist
Bei der Beurteilung der Frage der Genehmigungsbedürftigkeit einer Änderung ist auch die mögliche Interessensbeeinträchtigung der anderen Mit- und Wohnungseigentümer durch eine erhebliche Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses mitzuberücksichtigen; als bagatellhaft zu qualifizierende Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes lösen daher keine Genehmigungsbedürftigkeit aus
§ 16 WEG 2002, § 523 ABGB
GZ 5 Ob 84/18s, 18.07.2018
OGH: Nach der schon vom Berufungsgericht zitierten stRsp verpflichtet schon die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Mit- und Wohnungseigentümer den Änderungswilligen, die Zustimmung aller anderen Miteigentümer oder die Genehmigung des Außerstreitrichters einzuholen. Tut er das nicht, nimmt er also Änderungen iSd § 16 Abs 2 WEG 2002 ohne vorherige Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer und ohne Genehmigung des Außerstreitrichters vor, handelt er in unerlaubter Eigenmacht und kann im streitigen Rechtsweg petitorisch mit Klage nach § 523 ABGB zur Beseitigung der Änderung und Wiederherstellung des früheren Zustands sowie gegebenenfalls auf Unterlassung künftiger Änderungen verhalten werden. Im Prozess über die Klage auf Unterlassung oder Beseitigung rechtswidriger Änderungen ist nach hRsp auch des erkennenden Senats die Genehmigungsbedürftigkeit, nicht aber die Genehmigungsfähigkeit der Änderung zu prüfen.
In der Rangordnung unter § 16 Abs 2 WEG 2002 – und daher von den Einschränkungen dieses Individualrechts gar nicht erfasst – sind lediglich nicht genehmigungsbedürftige Änderungen iSv bagatellhaften Umgestaltungen.
Der OGH hat dazu bereits ausgesprochen, dass einem Miteigentümer, dem der physische Besitz eines Teils der Liegenschaft zur alleinigen Nutzung überlassen wurde, die alleinige rechtliche Verfügungsgewalt über diesen Teil zukommt und dass das alleinige Nutzungsrecht unter gewissen Voraussetzungen auch das Recht zur physischen Veränderung umfasst. § 828 ABGB, wonach kein Teilhaber einer gemeinsamen Sache bei Uneinigkeit der Miteigentümer Veränderungen vornehmen darf, steht dem nur dann entgegen, wenn durch die Substanzveränderungen in die Rechtssphäre der übrigen Teilhaber eingegriffen und deren wichtige Interessen berührt werden. Ob ein solcher Fall vorliegt, ist eine typische Einzelfallbeurteilung.
In der E 5 Ob 25/13g, die auf die ausführliche Darstellung der Judikatur zur Frage bagatellhafter Änderungen in 5 Ob 25/08z verwies, wurden Gartengestaltungsmaßnahmen in Form der Errichtung eines Maschendrahtzauns, einer Terrassenfläche aus Betonplatten im Ausmaß von 13,5 m² samt Randleiste, der Anbringung von drei Betonringen im Boden zur Verwendung als Blumentröge und der Errichtung von 8 cm hohen Randleisten im Bereich des Maschendrahtzauns samt Mähkanten aus Betonsteinen als nicht genehmigungsbedürftige, weil rein oberflächliche Gestaltungsmaßnahmen gewertet, zumal dort keine alle Wohnungseigentümer bindende Vereinbarung, die Gartenfläche zur Gänze in bestimmter Form zu belassen und zu gestalten festgestellt sei.
In der E 5 Ob 73/14t stellte der Senat iZm dem Austausch einer Holzwohnungseingangstür für die Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit auch auf die – dort massive – Veränderung im Erscheinungsbild des Wohnungseingangsbereichs ab, ebenso zu 5 Ob 38/15x, wo es um den Einbau eines Garagentores ging. Dort nahm der Fachsenat auch dezidiert zur Prüfbefugnis des Streitrichters Stellung: Wenn eine erhebliche Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes des Hauses nicht mehr als bagatellhaft qualifiziert wird, ist das im Einzelfall nicht zu beanstanden. Für Fragen der angeblich fehlenden Beeinträchtigung der Interessen der Mit- und Wohnungseigentümer und der Interessensabwägung ist im streitigen Verfahren kein Raum.
Die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage ist somit bereits dahin beantwortet, dass bei der Beurteilung der Frage der Genehmigungsbedürftigkeit einer Änderung auch die mögliche Interessensbeeinträchtigung der anderen Mit- und Wohnungseigentümer durch eine erhebliche Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses mitzuberücksichtigen ist und als bagatellhaft zu qualifizierende Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes daher keine Genehmigungsbedürftigkeit auslösen. Dass das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit der Anbringung des Zauns und der Steinmauer auch auf die Frage der Verschlechterung des Erscheinungsbildes der übrigen Wohnanlage abstellte (die es letztlich aber verneinte), hält sich somit im Rahmen der zitierten Rsp und ist nicht korrekturbedürftig.