OGH: Zum Verhältnis von Unterlassungs- und Veröffentlichungsbegehren
Ein schon bestehender vollstreckbarer Unterlassungstitel, der auch die zu beurteilende (weitere) Verletzungshandlung erfasst, beseitigt das materielle Rechtsschutzbedürfnis für den Unterlassungsanspruch; das bloße Veröffentlichungsinteresse hinsichtlich eines neuerlichen Verstoßes rechtfertigt die Erwirkung eines neuerlichen (identen) Unterlassungstitels nicht
§ 85 UrhG, § 14 UWG, § 25 UWG, § 226 ZPO
GZ 4 Ob 102/18f, 17.07.2018
OGH: Eine Unterlassungsklage setzt ganz allgemein ein „(materielles) Rechtsschutzbedürfnis“ iSe materiell-rechtlichen schutzwürdigen Interesses und im Besonderen Wiederholungsgefahr voraus, die nach einer erfolgten Verletzungshandlung grundsätzlich vermutet wird. Die Wiederholungsgefahr ist im Allgemeinen dann ausgeschlossen, wenn ausreichende Anhaltspunkte für eine ernstliche Willensänderung des Beklagten bestehen. Dies wird va im Fall des Anbots eines umfassenden vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs angenommen. Für den Wegfall der Wiederholungsgefahr muss der Beklagte dem Kläger gegebenenfalls auch die (berechtigte) Ermächtigung zur Veröffentlichung des Vergleichs auf seine Kosten in angemessenem Umfang anbieten.
Die Berechtigung des Begehrens auf Urteilsveröffentlichung hängt zunächst davon ab, ob ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß besteht. Bei dieser Beurteilung ist zudem zu berücksichtigen, dass der Urteilsveröffentlichungsanspruch ein vom Unterlassungsbegehren abhängiger Nebenanspruch ist. Die Berechtigung des Veröffentlichungsbegehrens setzt - als Nebenanspruch - einen aufrechten Unterlassungsanspruch sowie ein berechtigtes Interesse an der Urteilsveröffentlichung voraus. Davon ausgehend entspricht es der Rsp, dass das Interesse an einer Urteilsveröffentlichung für sich allein das „Rechtsschutzbedürfnis“ für die Unterlassungsklage grundsätzlich („im Regelfall“) nicht begründen kann.
Liegt bereits ein rechtskräftiger Unterlassungstitel vor, der auch die neuerliche Verletzungshandlung erfasst, so kann das Interesse an einer Urteilsveröffentlichung für sich alleine das fehlende (materielle) Rechtsschutzbedürfnis (iSe materiell-rechtlich schutzwürdigen Interesses) für die (neuerliche) Unterlassungsklage grundsätzlich nicht ersetzen und der Kläger die Einrede des mangelnden (materiellen) Rechtsschutzbedürfnisses nur in Ausnahmefällen bei Darlegung eines konkret begründeten besonderen Interesses an der Urteilsveröffentlichung entkräften. Nur in einem solchen Ausnahmefall ist eine neuerliche Unterlassungsklage samt Veröffentlichungsbegehren berechtigt.