OGH: Schlüssiger Verzicht auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 Fall 2 MRG (Untervermietung zu einem unverhältnismäßigen Untermietzins)
Aus der dem Vermieter bekannten Tatsache, dass der Mieter mit der Untervermietung einen Gewinn macht, kann noch nicht geschlossen werden, dass er auch mit einem iSd § 30 Abs 2 Z 4 Fall 2 MRG unverhältnismäßigen Gewinn einverstanden ist und folglich auf diesen Kündigungsgrund verzichtet: ein konkludenter Verzicht des Vermieters auf den Kündigungsgrund kann jedenfalls so lange nicht angenommen werden, als der Vermieter von der Höhe des tatsächlich geleisteten Untermietzinses nicht erfahren hat; eine Erkundungspflicht hinsichtlich der zur Verwirklichung des Kündigungstatbestands tauglichen Fakten trifft den Vermieter nicht; bei der Beurteilung der Frage, ob auf ein Recht stillschweigend verzichtet wurde, ist besondere Vorsicht geboten
§ 30 MRG, § 863 ABGB
GZ 8 Ob 70/18d, 29.05.2018
OGH: Nach stRsp ist bei einer Überschreitung des Hauptmietzinses durch den Untermietzins um 100 % oder mehr der in Rede stehende Kündigungstatbestand jedenfalls erfüllt. Eine solche Überschreitung liegt aufgrund der Untervermietung an die Nebenintervenientin vor.
Ein nicht ausdrücklich erklärter Ausschluss des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 4 Fall 2 MRG kann nur dann angenommen werden, wenn der Mieter das Bestandobjekt mit Zustimmung des Vermieters ausdrücklich in der (dem Vermieter bekannten) Absicht gemietet hat, aus der Untervermietung unzulässige Einkünfte zu erzielen, oder es sonst zwischen den Partnern des Mietvertrags nach den Umständen klar war, dass der Vermieter gegen die Erzielung erheblicher Vorteile aus der Untervermietung des Bestandgegenstands keinen Einwand habe. Aus der bloßen Gestattung der Untervermietung kann dieser Schluss nicht gezogen werden. Die Gestattung der Untervermietung allein gibt dem Mieter mit anderen Worten nicht das Recht, aus der Untervermietung einen unverhältnismäßig hohen Vorteil zu ziehen.
Durch § 30 Abs 2 Z 4 Fall 2 MRG soll verhindert werden, dass der Hauptmieter unter Ausnützung des Mieterschutzes einen ihm nicht zustehenden Gewinn erzielt; der Hauptmieter soll keinen unbilligen Vorteil ziehen.
Ein angemessener Gewinn (Verzinsung seines eingesetzten Kapitals) für die erbrachten Sachleistungen steht ihm jedoch zu. Aus der dem Vermieter bekannten Tatsache, dass der Mieter mit der Untervermietung einen Gewinn macht, kann daher noch nicht geschlossen werden, dass er auch mit einem iSd § 30 Abs 2 Z 4 Fall 2 MRG unverhältnismäßigen Gewinn einverstanden ist und folglich auf diesen Kündigungsgrund verzichtet. Ein konkludenter Verzicht des Vermieters auf den Kündigungsgrund kann jedenfalls so lange nicht angenommen werden, als der Vermieter von der Höhe des tatsächlich geleisteten Untermietzinses nicht erfahren hat.
Eine Erkundungspflicht hinsichtlich der zur Verwirklichung des Kündigungstatbestands tauglichen Fakten trifft den Vermieter nicht. Bei der Beurteilung der Frage, ob auf ein Recht stillschweigend verzichtet wurde, ist besondere Vorsicht geboten.
Im Zweifel ist ein konkludenter Verzicht des Vermieters auf das Kündigungsrecht nicht anzunehmen. Die Beweislast für das Vorliegen eines solchen Verzichts trifft den Mieter.
Hier hat die Klägerin 1988/1989 nicht generell eine Untervermietung, zu welchen Bedingungen diese auch immer erfolgen möge, gestattet, sondern allein die damals konkret an sie herangetragene Untervermietung an A***** H*****. Mag auch damals kein Thema gewesen sein, wie viele Einnahmen die Beklagte aus der Untervermietung erzielen darf, und mag der Klägerin auch bekannt gewesen sein, dass die Beklagte ab dem Zeitpunkt der Untervermietung an A***** H***** ihre Einkünfte einzig aus der Untervermietung beziehen würde, spricht doch die vereinbarte Neufestsetzung des Hauptmietzinses „auf Basis dessen, was A***** H***** an Untermietzins zahlen soll“, erheblich dagegen, dass die Klägerin sich auch mit einem unverhältnismäßigen Untermietzins – also einen solchen, wie er 2009 zwischen der Beklagten und der Nebenintervenientin vereinbart wurde – einverstanden erklären wollte. Es wäre an der Beklagten gelegen gewesen zu behaupten und zu beweisen, dass bereits der von A***** H***** offerierte Untermietzins in Hinsicht auf den auf Basis desselben neu festgesetzten Hauptmietzins iSd § 30 Abs 2 Z 4 Fall 2 MRG unverhältnismäßig war, somit die Klägerin damals einen unverhältnismäßigen Untermietzins akzeptierte und damit konkludent auf den Kündigungsgrund verzichtete. Der Beweis bloß der Kenntnis der Klägerin bzw der Hausverwaltung vom Übersteigen des Hauptmietzinses durch den Untermietzins reicht nicht; ebensowenig, dass die Klägerin bzw die Hausverwaltung bereits seit Jahren auch von der Untervermietung an die Nebenintervenientin wusste (ohne aber in Kenntnis der Höhe des Untermietzinses gewesen zu sein). Die Verneinung des Verzichts auf eine Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 4 Fall 2 MRG durch die Vorinstanzen ist jedenfalls vertretbar.