OGH: Vereinbarung, wonach Sanierungen und Verbesserungen auf Kosten des Mieters und ohne Ersatzanspruch gegenüber dem Vermieter durchgeführt werden können – auf §§ 1097, 1036 ABGB gestütztes Klagebegehren auf Ersatz der Kosten der im Geschäftslokal getätigten Investitionen?
Das Berufungsgericht hat im Anlassfall eine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung verneint, weil der Klägerin im Hinblick auf den fünfzehnjährigen Kündigungsverzicht der Beklagten eine langjährige Nutzungsmöglichkeit des Bestandobjekts (und damit auch der von ihr getätigten Investitionen) zukommt; diese Rechtsansicht hält sich im Rahmen der Rsp, die ua darauf abstellt, ob dem Mieter die Möglichkeit geboten wird, die Aufwendungen zeitlich und umfänglich entsprechend zu nützen
§ 1097 ABGB, § 1036 ABGB, § 879 ABGB, § 934 ABGB
GZ 4 Ob 123/18v, 17.07.2018
OGH: Die Vorinstanzen legten ihrer Entscheidung zur Frage des Ausschlusses eines Ersatzanspruchs für die von der klagenden Mieterin getätigten Aufwendungen den übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zugrunde. Insoweit die Klägerin in der Revision diesbezüglich einen Konsens zwischen den Streitteilen vermisst, versucht sie diese Feststellungen zu bekämpfen, worauf nicht näher einzugehen ist, weil der OGH keine Tatsacheninstanz ist.
Nach gesicherter Rsp ist die Pflicht des Bestandgebers, den Bestandgegenstand nach § 1096 ABGB in brauchbarem Stand zu übergeben und zu erhalten, außerhalb zwingender Normen des MRG abdingbar. Auch die Bestimmung des § 1097 ABGB ist abdingbar; deshalb kann außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG auch vereinbart werden, dass der Bestandnehmer die Sache auf seine Kosten brauchbar zu machen hat.
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass § 1096 ABGB und § 1097 ABGB abdingbar und die Klagsansprüche wegen der Vereinbarung zu verneinen seien, hält sich im Rahmen der aufgezeigten Rsp und bedarf keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.
Eine solche Vereinbarung könnte wegen Verletzung besonderer gesetzlicher Bestimmungen (§ 879 ABGB) allenfalls als unwirksam angefochten werden. Ob aber Sittenwidrigkeit vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, die nicht aufzugreifen ist, wenn das Berufungsgericht bei dieser Entscheidung die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens nicht überschritten hat. Das Berufungsgericht hat im Anlassfall eine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung verneint, weil der Klägerin im Hinblick auf den fünfzehnjährigen Kündigungsverzicht der Beklagten eine langjährige Nutzungsmöglichkeit des Bestandobjekts (und damit auch der von ihr getätigten Investitionen) zukommt. Diese Rechtsansicht hält sich im Rahmen der Rsp, die ua darauf abstellt, ob dem Mieter die Möglichkeit geboten wird, die Aufwendungen zeitlich und umfänglich entsprechend zu nützen. Mit dieser Wertung des festgestellten Sachverhalts hat das Berufungsgericht weder die Grundsätze der wiedergegebenen Rechtslage verlassen, noch – in der Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Einzelfall – seinen Ermessensspielraum bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit nach § 879 ABGB überschritten, sodass auch darauf die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht gestützt werden kann.
Auch iZm § 934 ABGB zeigt das Rechtsmittel keine Frage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Das Berufungsgericht hat die Verjährung des entsprechenden Einwands bejaht. Soweit die Klägerin damit argumentiert, dass die dreijährige Verjährungsfrist erst nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 1097 ABGB zu laufen beginne, steht ihr die stRsp entgegen, nach der die Verjährung bereits mit dem wirksamen Vertragsschluss zu laufen beginnt.