VwGH: Zum Vorbringen des Fremden, das VwG hätte ihn zur Intensität der familiären Bindungen sowie dazu, wie sich seine Aufenthaltsbeendigung auf seine Lebensgefährtin und seine Tochter auswirken würde und ob eine Weiterführung des Familienlebens in Indien möglich sei, persönlich hören und seine Lebensgefährtin als Zeugin vernehmen müssen
Da der Revisionswerber in der Beschwerde eine enge Bindung zu seiner - zum Entscheidungszeitpunkt etwa einjährigen - Tochter, die Unmöglichkeit der Aufrechterhaltung des Kontakts zu ihr im Fall seiner Ausreise und die Ungewissheit einer gemeinsamen Rückkehr mit seiner Familie nach Indien ins Treffen geführt hat, hätte sich das VwG diesbezüglich einen persönlichen Eindruck verschaffen müssen; es ist daher nicht zu ersehen, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Klärung des Sachverhaltes dazu habe erwarten lassen und das VwG diesbezüglich von einem geklärten Sachverhalt ausgehen durfte; im Hinblick auf die familiären Bindungen des Revisionswerbers kann vorliegend nicht von einem eindeutigen Fall ausgegangen werden, in dem bei Berücksichtigung aller zugunsten des Revisionswerbers sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten wäre, wenn sich das VwG von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft hätte; daran vermag fallbezogen die vom VwG angesprochene Verurteilung des Revisionswerbers (wegen der Verwendung von gefälschten, besonders geschützten Urkunden zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten) nichts zu ändern, weil jedenfalls im Hinblick auf das Strafmaß (eine nähere Darstellung der zugrunde liegenden strafbaren Handlungen findet sich im angefochtenen Erkenntnis nicht) nicht von einer derart massiven Delinquenz des Revisionswerbers auszugehen war, dass auch die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks zu keinem für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätte führen können
§ 21 BFA-VG
GZ Ra 2018/22/0035, 21.06.2018
VwGH: Gem § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Vorauszuschicken ist zunächst, dass das Unterbleiben der Durchführung der in der Beschwerde beantragten Verhandlung im angefochtenen Erkenntnis nicht begründet wurde.
Der VwGH betont in seiner stRsp iZm den Voraussetzungen für ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung nach § 21 Abs 7 BFA-VG, dass die Frage der Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden kann, sondern der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK relevanten Umstände besondere Bedeutung zukommt.
Da der Revisionswerber in der Beschwerde eine enge Bindung zu seiner - zum Entscheidungszeitpunkt etwa einjährigen - Tochter, die Unmöglichkeit der Aufrechterhaltung des Kontakts zu ihr im Fall seiner Ausreise und die Ungewissheit einer gemeinsamen Rückkehr mit seiner Familie nach Indien ins Treffen geführt hat, hätte sich das VwG diesbezüglich einen persönlichen Eindruck verschaffen müssen. Es ist daher nicht zu ersehen, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Klärung des Sachverhaltes dazu habe erwarten lassen und das VwG diesbezüglich von einem geklärten Sachverhalt ausgehen durfte.
Im Hinblick auf die familiären Bindungen des Revisionswerbers kann vorliegend nicht von einem eindeutigen Fall ausgegangen werden, in dem bei Berücksichtigung aller zugunsten des Revisionswerbers sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten wäre, wenn sich das VwG von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft hätte. Daran vermag fallbezogen die vom VwG angesprochene Verurteilung des Revisionswerbers (wegen der Verwendung von gefälschten, besonders geschützten Urkunden zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten) nichts zu ändern, weil jedenfalls im Hinblick auf das Strafmaß (eine nähere Darstellung der zugrunde liegenden strafbaren Handlungen findet sich im angefochtenen Erkenntnis nicht) nicht von einer derart massiven Delinquenz des Revisionswerbers auszugehen war, dass auch die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks zu keinem für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätte führen können.