OGH: Auskunftsersuchen des Gerichtskommissärs an die Bank über Sparkonto des Erblassers
Das Auskunftsrecht des Gerichtskommissärs und des Abhandlungsgerichts gegenüber der Bank beruht auf eigenem Recht, die Rechtsgrundlage bildet § 38 Abs 2 Z 3 BWG; der Umfang ihrer Befugnisse ergibt sich aus den gesetzlich festgelegten Aufgaben des Gerichtskommissärs, va also aus den §§ 145 ff und 165 ff AußStrG; nach der Aktenlage wurden Gerichtskommissär und Abhandlungsgericht jedenfalls insofern im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse tätig, als die Verlassenschaft dem Staat als erblos zufallen könnte und daher gem § 165 Abs 1 Z 5 iVm § 184 AußStrG ein Inventar zu errichten ist; dem Auskunftsersuchen kann daher unter den konkreten Umständen nicht jene Rsp entgegengehalten werden, wonach die Auskunftspflicht des Kreditinstituts gegenüber dem Gerichtskommissär oder dem Abhandlungsgericht nicht weitergehen könne, als gegenüber dem Kunden selbst
§ 38 BWG, §§ 145 ff AußStrG, §§ 166 ff AußStrG
GZ 2 Ob 113/17g, 16.05.2018
OGH: Wie der zuständige Fachsenat des OGH in der E 2 Ob 183/15y klargestellt hat, beruht das Auskunftsrecht des Gerichtskommissärs und des Abhandlungsgerichts auf eigenem Recht, die Rechtsgrundlage bildet § 38 Abs 2 Z 3 BWG. Der Umfang ihrer Befugnisse ergibt sich aus den gesetzlich festgelegten Aufgaben des Gerichtskommissärs, va also aus den §§ 145 ff und 165 ff AußStrG.
Nach dieser Entscheidung, die im zitierten Schrifttum uneingeschränkte Zustimmung gefunden hat, ist zwischen den Befugnissen des Gerichtskommissärs und des Abhandlungsgerichts einerseits und den vertraglichen Auskunftsrechten des ruhenden Nachlasses bzw der eingeantworteten Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers andererseits zu unterscheiden. Ältere Rsp, aus der sich Gegenteiliges ergeben könnte (7 Ob 292/06a [Auskunftsanspruch eines Noterben]), wurde ausdrücklich abgelehnt.
Die Vorinstanzen bezeichneten die §§ 145 ff und 165 ff AußStrG iVm § 38 Abs 2 Z 3 BWG als Rechtsgrundlage für das Auskunftsersuchen an das Kreditinstitut, was im Revisionsrekurs unwidersprochen bleibt. Der Sache nach verweisen sie damit auf einen Auskunftsanspruch aus eigenem Recht.
Nach der Aktenlage wurden Gerichtskommissär und Abhandlungsgericht jedenfalls insofern im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse tätig, als die Verlassenschaft dem Staat als erblos zufallen könnte und daher gem § 165 Abs 1 Z 5 iVm § 184 AußStrG ein Inventar zu errichten ist. Dem Auskunftsersuchen kann daher unter den konkreten Umständen nicht jene Rsp entgegengehalten werden, wonach die Auskunftspflicht des Kreditinstituts gegenüber dem Gerichtskommissär oder dem Abhandlungsgericht nicht weitergehen könne, als gegenüber dem Kunden selbst.
Das Auskunftsersuchen des Erstgerichts über Kontonummer und Kontostand setzt das Vorhandensein eines Großbetragssparbuchs („Einlagestand in Höhe von 15.000 EUR oder darüber“) voraus. Der Sachverhalt entspricht damit jenem, zu dem erst kürzlich die E 2 Ob 95/17k ergangen ist. Auch dort war die Sparurkunde zu einem Sparkonto mit einem Einlagestand von „15.000 EUR oder größer“ in der Verlassenschaft nicht mehr auffindbar gewesen und das Kreditinstitut verweigerte die Auskunft über Kontonummer und Kontostand.
Der OGH billigte in dieser Entscheidung die eine Auskunftspflicht des Kreditinstituts bejahenden Entscheidungen der Vorinstanzen. Im Einzelnen verwies er unter Bezugnahme auf einschlägige Vorjudikatur darauf, dass
- es sich bei einem Großbetragssparbuch iSv § 32 Abs 4 Z 2 BWG um ein Rektapapier handelt und die Übertragung des Guthabens auf einen Dritten nicht durch bloße Übergabe der Sparurkunde erfolgt, sondern eine Zession erfordert;
- das Kreditinstitut bis zur Bescheinigung einer Zession davon auszugehen hat, dass der identifizierte Kunde (bzw nun die Verlassenschaft) weiterhin ihr Gläubiger ist und damit ausreichende Anhaltspunkte für die Nachlasszugehörigkeit vorliegen;
- den Rechtsnachfolgern des Kunden die Möglichkeit einer Kraftloserklärung gewahrt bleiben muss;
- das Sparguthaben daher in die Verlassenschaft einzubeziehen und das Kreditinstitut zur Auskunft verpflichtet ist.
Diese Ausführungen sind auf den vorliegenden Fall übertragbar, womit auch den im gegenständlichen Revisionsrekurs gebrauchten Argumenten die Grundlage entzogen ist: Wie in 2 Ob 95/17k können die wertpapierrechtlichen Überlegungen des Kreditinstituts auch hier auf sich beruhen. Ein weitergehender „Beweis der Kundeneigenschaft“ ist nicht erforderlich; es genügt die Identifizierung des Erblassers als Kunde des Kreditinstituts. Dazu hat der OGH im Übrigen jüngst festgehalten, dass die Identifizierung des Verstorbenen beim Kreditinstitut als ebenso starkes Indiz für seine Berechtigung in Bezug auf eine Spareinlage zu werten ist, wie in sonstigen Fällen sein Besitz.