VwGH: Entledigungsabsicht – zum subjektiven Abfallbegriff iSd § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002
Mit der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Annahme, dass zumindest ein Hauptmotiv für die Verbringung des gegenständlichen Bodenaushubmaterials auf das Grundstück der Revisionswerber darin gelegen gewesen sei, dieses Material loszuwerden, sodass bei einem der Vorbesitzer dieses Materials eine Entledigungsabsicht bestanden habe, steht das VwG auf dem Boden der hg Rsp; hiebei führt der Umstand, dass - wie die Revisionswerber vorbringen - das Erdreich von ihnen angekauft worden sei, zu keiner anderen Beurteilung der beim Vorbesitzer bestandenen Entledigungsabsicht
§ 2 AWG 2002, § 293 ABGB, § 5 AWG 2002, § 15 AWG 2002
GZ Ra 2018/05/0034, 24.04.2018
VwGH: Das VwG hat sich in Bezug auf das gegenständliche Bodenaushubmaterial nicht auf das Vorliegen des objektiven Abfallbegriffes (§ 2 Abs 1 Z 2 AWG 2002) gestützt, sondern die Voraussetzungen des subjektiven Abfallbegriffes (§ 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002) für erfüllt angenommen. Die Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision, dass (auch) die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs 1 Z 2 AWG 2002 nicht verwirklicht seien, und das in diesem Zusammenhang unter dem Blickwinkel des § 2 Abs 3 leg cit - dabei handelt es sich um einen Ausnahmetatbestand bezüglich des objektiven Abfallbegriffes - erstattete Zulässigkeitsvorbringen gehen daher ins Leere.
Nach ständiger hg Rsp kommt es bei der Beurteilung der subjektiven Abfalleigenschaft iSd § 2 Abs 1 Z 1 leg cit weder auf die eigene Entledigungsabsicht noch auf die Absicht in Bezug auf eine in Aussicht genommene Verwendung der Materialien an. Eine Sache ist nämlich schon dann als Abfall zu qualifizieren, wenn bei irgendeinem Vorbesitzer die Entledigungsabsicht bestanden hat.
Ob eine Entledigungsabsicht vorliegt, hat das VwG aufgrund der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.
Nach den Feststellungen des VwG stammt das gegenständliche Bodenaushubmaterial von Baustellen auf anderen Grundstücken und wurde es von dort auf das Grundstück der Revisionswerber verbracht. Wie in der hg Rsp bereits wiederholt dargelegt wurde, geht es nach der Lebenserfahrung Bauherren, wenn bei der Realisierung von Bauvorhaben das angefallene Bodenaushubmaterial (oder Abbruchmaterial) von der Baustelle weggeführt wird, im Regelfall hauptsächlich darum, das Bauvorhaben, ohne durch diese Materialien behindert zu werden, zu vollenden, sodass insoweit eine Entledigungsabsicht gegeben ist.
Dass im vorliegenden Revisionsfall ein Vorbesitzer des gegenständlichen Materials dieses entgegen der Annahme des VwG nicht im Rahmen von Bodenaushüben auf Baustellen - somit nicht zwecks Durchführung eines Bauvorhabens -, sondern ausschließlich zur Gewinnung einer Ware für den Handelsverkehr abgebaut habe, wird im Übrigen von den Revisionswerbern nicht behauptet.
Mit der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Annahme, dass zumindest ein Hauptmotiv für die Verbringung des gegenständlichen Bodenaushubmaterials auf das Grundstück der Revisionswerber darin gelegen gewesen sei, dieses Material loszuwerden, sodass bei einem der Vorbesitzer dieses Materials eine Entledigungsabsicht bestanden habe, steht das VwG somit auf dem Boden der hg Rsp. Hiebei führt der Umstand, dass - wie die Revisionswerber vorbringen - das Erdreich von ihnen angekauft worden sei, zu keiner anderen Beurteilung der beim Vorbesitzer bestandenen Entledigungsabsicht.
Ebenso unterliegen die Revisionswerber mit ihrem Vorbringen, es handle sich bei dem Erdmaterial um keine bewegliche Sache, weil es als Erdreich fest mit ihrem Grundstück verbunden sei, sodass auch deshalb der Abfallbegriff iSd AWG 2002 nicht erfüllt sei, einem Rechtsirrtum. Bei Aufschüttung des angelieferten Bodenaushubmaterials auf dem Grundstück der Revisionswerber, die - wie sie selbst vorbringen - Besitzer des erworbenen Erdreiches sind, stellte dieses Material unzweifelhaft eine bewegliche Sache iSd § 293 ABGB dar. Ein Ende der Abfalleigenschaft konnte nur unter den in § 5 Abs 1 AWG 2002 normierten Voraussetzungen eintreten. Dass die in dieser Gesetzesbestimmung normierten Voraussetzungen für eine Beendigung der Abfalleigenschaft - entgegen dem angefochtenen Erkenntnis - vorgelegen seien, wird von der Revision in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargelegt.
Diese geht auch auf die vom VwG unter dem Blickwinkel des § 15 Abs 4a AWG 2002 getroffene Beurteilung und insbesondere auf dessen Ausführungen, dass der Teil der Schüttung, der über die im angefochtenen Erkenntnis bezeichnete "grüne Linie" hinausgehe, zur Gewährleistung einer ordentlichen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nicht notwendig sei und es sich daher bei dem Schüttungsteil um keine zulässige Verwertung nach § 15 Abs 4a leg cit handle, sowie auf die Berechnung des abzutragenden Materials unter Zugrundelegung der Pläne nicht ein.