30.04.2018 Zivilrecht

OGH: Haftung des Treuhänders für „Strafzinsen“ iSd § 14 BTVG?

Das Argument, dass es im Anwendungsbereich des BTVG, das vordergründig ein „Konsumentenschutzgesetz“ darstelle, wenig nachvollziehbar sei, eine Haftung des Treuhänders für die Strafzinsen dem Bauträger gegenüber zu bejahen, gegenüber dem Erwerber aber im Fall der Insolvenz des Bauträgers zu verneinen, mag vor dem Hintergrund der klaren Rechtslage allenfalls rechtspolitisch beachtlich sein; es ist jedoch nicht Aufgabe der Gerichte, unbefriedigende Gesetzesbestimmungen zu ändern, sondern der Gesetzgebung


Schlagworte: Bauträgervertragsrecht, Rückforderungsansprüche des Erwerbers bei vorzeitiger Zahlung, Insolvenz des Bauträgers, Schadenersatzrecht, Haftung des Treuhänders, Strafzinsen
Gesetze:

 

§ 14 BTVG, § 12 BTVG, § 1311 ABGB, §§ 1295 ff ABGB

 

GZ 10 Ob 64/17k, 20.02.2018

 

OGH: Der Erwerber kann gem § 14 Abs 1 Satz 1 BTVG alle Leistungen, die er oder der Treuhänder für ihn entgegen den Bestimmungen des BTVG erbracht hat, zurückfordern. Dieser Rückforderungsanspruch richtet sich – wie Rückforderungsansprüche aus anderen Rechtsgründen (vgl § 14 Abs 3 BTVG) – gem § 15 BTVG auch dann gegen den Bauträger, wenn der Erwerber entsprechend dem Bauträgervertrag Zahlungen an Dritte geleistet hat. Der Bauträger hat gem § 14 Abs 1 Satz 2 BTVG für Rückforderungsansprüche iSd § 14 BTVG Zinsen ab dem Zahlungstag in einer den jeweiligen Basiszinssatz um acht Prozentpunkte übersteigenden Höhe zu zahlen.

 

Der Rückforderungsanspruch gem § 14 Abs 1 BTVG richtet sich daher schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ausschließlich gegen den Bauträger. Dies entspricht auch dem Zweck des BTVG, wonach der Bauträger verpflichtet sein soll, den Erwerber gegen den Verlust geleisteter Zahlungen zu sichern (§ 7 BTVG), was auch durch die Rückforderungsbestimmung des § 14 BTVG bewirkt werden soll. Die erhöhten Zinsen gem § 14 Abs 1 Satz 2 BTVG sind Teil des besonderen Rückforderungsanspruchs gem § 14 Abs 1 BTVG. Der Erwerber kann sie vom Bauträger nur für Leistungen fordern, die er aufgrund von gegen das BTVG verstoßenden Vereinbarungen erbracht hat, nicht aber, wenn der Erwerber Rückforderungsansprüche aus anderen Rechtsgründen (vgl § 14 Abs 3 BTVG) geltend macht.

 

Die Revisionswerber stützen ihren Anspruch auf Schadenersatz und machen zusammengefasst – gestützt insbesondere auf Prader, Wohnrecht, BTVG3.3 [Stand 1. 1. 2017, rdb.at] § 14 Anm 1 – geltend, dass der Anspruch auf Zinsen gem § 14 BTVG durch das gesetzwidrige Verhalten des Beklagten erst begründet worden sei. Da der Bauträger insolvent geworden sei, könne der Anspruch auch gegen den Beklagten als Treuhänder geltend gemacht werden. Eine Anspruchsverfolgung scheitere nicht am Kausalitätserfordernis, weil bei Schutzgesetzverletzungen nicht wegen der Kausalität an sich, sondern wegen der Kausalität von rechtswidrigem Verhalten gehaftet werde. Als Zurechnungsgesichtspunkte verblieben nur mehr der Schutzzweck der Norm und der Gedanke des rechtmäßigen Alternativverhaltens.

 

Dem hat das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, dass auch ein auf Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 1311 ABGB) gestützter Schadenersatzanspruch entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerber zur Voraussetzung hat, dass der Schädiger den Schaden verursacht hat. Es bedarf bei einer behaupteten Schutzgesetzverletzung lediglich keines strikten Nachweises des Kausalzusammenhangs durch den Geschädigten, weil die Kausalität der in der Missachtung der Norm liegenden Pflichtwidrigkeit für die Schadensfolgen, deren Eintritt das Schutzgesetz gerade zu verhindern bestimmt ist, vermutet wird.

 

Damit übereinstimmend führen die Revisionswerber selbst aus, dass es „im Sinne der Schadenersatzlehre richtig“ sei, dass der Kapitalbetrag sich ohne das schadensverursachende Verhalten des beklagten Treuhänders noch auf dem Treuhandkonto befinden würde, „jedoch ohne diese Zinsen“ (iSd § 14 Abs 1 Satz 2 BTVG). Dies gesteht auch Prader, auf den sich die Revisionswerber berufen, zu. Das Argument von Prader, dass es im Anwendungsbereich des BTVG, das vordergründig ein „Konsumentenschutzgesetz“ darstelle, wenig nachvollziehbar sei, eine Haftung des Treuhänders für die Strafzinsen dem Bauträger gegenüber zu bejahen, gegenüber dem Erwerber aber im Fall der Insolvenz des Bauträgers zu verneinen, mag vor dem Hintergrund der dargestellten klaren Rechtslage allenfalls rechtspolitisch beachtlich sein. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Gerichte, unbefriedigende Gesetzesbestimmungen zu ändern, sondern der Gesetzgebung.