OGH: § 228 ZPO – Feststellung der Haftung des Schädigers iZm Dauerfolgen / Spätfolgen
Im vorliegenden Fall liegen zwar Dauerfolgen vor, es steht aber fest, dass Spätfolgen auszuschließen sind, womit auch ausgeschlossen ist, dass aus der Dauerfolge zukünftig noch Schäden entstehen werden; der Feststellung des Erstgerichts über den Ausschluss von Spätfolgen wurde das richtige Beweismaß (an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit) zugrundegelegt; wenn die Vorinstanzen von diesen Feststellungen ausgehend das Feststellungsbegehren abwiesen, so bedarf dies keiner Korrektur
§ 228 ZPO, §§ 1295 ff ABGB
GZ 8 Ob 138/17b, 23.02.2018
OGH: Nach stRsp ist das Interesse an der Feststellung der Haftung des Schädigers für künftige Schäden des Geschädigten iSd § 228 ZPO zu verneinen, wenn weitere Schäden aus dem im Feststellungsbegehren bezeichneten Ereignis ausgeschlossen werden können; hingegen ist es zu bejahen, wenn die Möglichkeit offenbleibt, dass das schädigende Ereignis einen künftigen Schadenseintritt verursachen könnte. Diese Unterscheidung betrifft die Feststellungsebene.
Eine andere Frage ist, welches Beweismaß erfüllt sein muss, um feststellen zu können, dass zukünftige Schäden ausgeschlossen sind. Nach stRsp ist hierfür eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, was bei Gesundheitsverletzungen zuweilen dadurch ausgedrückt wird, zukünftige Schäden müssten „mit der in der Medizin möglichen Sicherheit“ auszuschließen sein.
Wenn in 7 Ob 149/06x gesagt wird, auch nach der neuesten Rsp des OGH „wäre ein Feststellungsinteresse iSd § 228 ZPO lediglich zu verneinen, wenn zukünftig eintretende Schäden aus einem bestimmten Schadensereignis schlechthin und absolut auszuschließen wären“, so bezieht sich dies – wie aus der weiteren Ausführung des 7. Senats ersichtlich (künftige Schäden „nicht völlig auszuschließen“, Bejahung eines Feststellungsinteresses keine aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung) – nur auf die Feststellungsebene. Die Ausführungen des 7. Senats können nicht dahingehend verstanden werden, dass entgegen der stRsp für das Konstatieren des Ausschlusses zukünftiger Schäden erforderlich wäre, dass diese mit absoluter Gewissheit nicht eintreten werden.
Sachverhaltsfeststellungen können (auch) im Zivilprozess niemals mit absoluter Sicherheit getroffen werden. Der Beweis der höchsten, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist folglich auch dem vollen Beweis gleichgestellt.
Das Vorliegen von Dauerfolgen indiziert die Möglichkeit, dass das schädigende Ereignis für einen künftigen Schadenseintritt ursächlich sein könnte und rechtfertigt daher ein Feststellungsbegehren. Auch bei Vorliegen von Dauerfolgen kann aber ausgeschlossen sein, dass diese zukünftig zu weiteren Schäden führen, sodass diesfalls – trotz Vorliegens einer Dauerfolge – das Feststellungsinteresse zu verneinen ist.
Im vorliegenden Fall liegen zwar Dauerfolgen vor, es steht aber fest, dass Spätfolgen auszuschließen sind, womit auch ausgeschlossen ist, dass aus der Dauerfolge zukünftig noch Schäden entstehen werden. Der Feststellung des Erstgerichts über den Ausschluss von Spätfolgen wurde das richtige Beweismaß (an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit) zugrundegelegt. Wenn die Vorinstanzen von diesen Feststellungen ausgehend das Feststellungsbegehren abwiesen, so bedarf dies keiner Korrektur.
Bei Feststellungsbegehren über die Haftung für künftige Schäden darf kein Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs gefällt werden. Die Ausführungen im Zwischenurteil des Berufungsgerichts vom 28. 7. 2016, womit (insofern zutreffend) allein die Forderung des Klägers auf Zahlung von 3.950,20 EUR samt Zinsen als dem Grunde nach zur Gänze zu Recht bestehend erkannt wurde, können daher schon im Ansatz nicht für das Feststellungsbegehren in irgendeiner Weise bindend gewesen sein.