OGH: Stundung der Ausgleichszahlung iSd § 94 Abs 2 EheG – Festsetzung der Leistungsfrist für angemessene Verwertung der Liegenschaften
Berücksichtigt man, dass die Liegenschaft mit der Ehewohnung rund 500.000 EUR wert ist und Kaufinteressenten in diesem Preissegment nicht in großer Zahl existieren, sowie den Umstand, dass es sich bei den übrigen Liegenschaften um landwirtschaftliche Grundstücke handelt, die grundverkehrsrechtlichen Beschränkungen unterliegen, erscheint eine Leistungsfrist für die erste Rate im Ausmaß von sechs Monaten angemessen, um es der Revisionsrekurswerberin zu ermöglichen, einen ausreichenden Kaufpreis zu erzielen; zudem steht dem Verkäufer von mit Pfandrechten belasteten Liegenschaften der (verbleibende) Kaufpreis regelmäßig erst einige Zeit nach dem Vertragsabschluss zur Verfügung
§ 94 EheG, §§ 81 ff EheG
GZ 1 Ob 240/17a, 30.01.2018
OGH: Zu Recht macht die Revisionsrekurswerberin in der Sache geltend, dass die Leistungsfrist für die erste Rate der Ausgleichszahlung zu kurz bemessen wurde, wenn sie ausführt, es sei nicht gesichert, dass bei einem Verkauf der Liegenschaften die vom Erstgericht festgestellten Zeitwerte erlöst werden könnten; in der kalten Jahreszeit würden erfahrungsgemäß das Interesse am Kauf von Liegenschaften sinken.
Gem § 94 Abs 2 EheG kann das Gericht eine „Stundung“ der Ausgleichszahlung anordnen, wenn dies für den Ausgleichspflichtigen wirtschaftlich notwendig und dem Ausgleichsberechtigten zumutbar ist. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall zu bejahen, sind doch die Verkehrswerte jene Beträge, die auf dem Markt unter gewöhnlichen Umständen erzielt werden können. Dazu gehört nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch eine ausreichende Zeit zur Bekanntmachung der Kaufgelegenheit und somit zur Interessentensuche. Derjenige, dem Liegenschaftseigentum übertragen wird und der dieses veräußern muss, um die ihm aufgetragene Ausgleichszahlung aufbringen zu können, darf nicht durch Festsetzung einer kurzen Leistungsfrist dazu genötigt werden, sein Eigentum zu einem Schleuderpreis abzugeben. Damit wäre gerade das Bestreben des Aufteilungsrechts, jedem Ehegatten einen angemessenen Anteil am gemeinsam erwirtschafteten Vermögen zukommen zu lassen, durchkreuzt.
Berücksichtigt man, dass die Liegenschaft mit der Ehewohnung rund 500.000 EUR wert ist und Kaufinteressenten in diesem Preissegment nicht in großer Zahl existieren, sowie den Umstand, dass es sich bei den übrigen Liegenschaften um landwirtschaftliche Grundstücke handelt, die grundverkehrsrechtlichen Beschränkungen unterliegen, erscheint eine Leistungsfrist für die erste Rate im Ausmaß von sechs Monaten angemessen, um es der Revisionsrekurswerberin zu ermöglichen, einen ausreichenden Kaufpreis zu erzielen; zudem steht dem Verkäufer von mit Pfandrechten belasteten Liegenschaften der (verbleibende) Kaufpreis regelmäßig erst einige Zeit nach dem Vertragsabschluss zur Verfügung.