OGH: Schadenersatzanspruch bei Liegenschaftskauf iZm gesetzwidriger Widmung als Bauland
Einem Käufer, der ohne die rechtswidrige Umwidmung nicht erworben hätte, ist der Vertrauensschaden zu ersetzen
§§ 1295 ff ABGB, § 1323 ABGB, § 1 AHG
GZ 1 Ob 222/17d, 30.01.2018
OGH: Nach der Rsp des Fachsenats sind Flächenwidmungspläne für die Frage der Bebaubarkeit einer Liegenschaft von entscheidender Bedeutung und ihr Inhalt die wichtigste Grundlage für alle wirtschaftlichen Dispositionen, zu denen auch der Kauf und die Bebauung gehören. Erwirbt ein Käufer eine kontaminierte Liegenschaft, die in ihrem aktuellen Zustand als Bauland nicht geeignet ist, im Vertrauen auf ihre Bebaubarkeit, steht ihm ein auf Ersatz seiner (Vermögens-)Schäden gerichteter Amtshaftungsanspruch zu.
Demgegenüber macht der Kläger einen Nichterfüllungsschaden geltend, was aber eine Verpflichtung der Beklagten voraussetzte, die Liegenschaft in einen für eine Bebauung geeigneten Zustand zu bringen. Eine solche Verpflichtung trifft die beklagte Gemeinde im Rahmen der von ihr zu besorgenden Flächenwidmung nicht. Ihr ist vielmehr allein der Vorwurf zu machen, durch die unzutreffende Widmung als Bauland bei Kaufinteressenten – und damit auch beim Kläger – den unrichtigen Eindruck erweckt zu haben, die Liegenschaft sei zur Bebauung ohne erhebliche Einschränkungen verwendbar. Sie hat daher auch nur für jene Nachteile des Klägers zu haften, die bei unterbliebener Umwidmung nicht entstanden wären. Nach den vorliegenden Sachverhaltsfeststellungen ist es naheliegend, dass der Kläger in diesem Fall die Liegenschaft nicht gekauft bzw von seinem vertraglichen Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht hätte. Er selbst führt in seiner Revisionsbeantwortung aus, er hätte die Liegenschaft ohne die Umwidmung „nicht erworben“.
Hat er nun aber im Vertrauen auf die Baulandwidmung den Kaufvertrag erfüllt, und das Eigentum an der Liegenschaft erworben, hat sich sein Vermögen insoweit verändert, als er nun einen Geldbetrag iHd Kaufpreises verloren, dagegen aber die Liegenschaft – in ihrem tatsächlichen, zur Bebauung nur eingeschränkt geeigneten Zustand – gewonnen hat. Ob bzw inwieweit ihm ein Vermögensschaden entstanden ist, hängt va von einem Parameter ab, der im bisherigen Verfahren noch nicht ermittelt wurde, nämlich dem Verkehrswert der erworbenen Liegenschaft. Sollte dieser niedriger gewesen sein als der bezahlte Kaufpreis, wäre insoweit ein Schaden durch die rechtswidrige Widmung als Bauland zu bejahen und grundsätzlich von der Beklagten insoweit zu ersetzen, als er nicht bereits durch die vom Verkäufer geleistete Zahlung abgedeckt ist.
Mit den Parteien wird daher insbesondere die Frage des Werts der Liegenschaft (in unsaniertem Zustand) zu erörtern sein. Dabei wird auch beachtlich sein, ob bei Kenntnis des Zustands der Liegenschaft objektiv eine (neuerliche) Widmung als Bauland nach Vornahme der entsprechenden Sanierungsmaßnahmen zu erwarten war.
Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, dass im Hinblick auf den eingetretenen Vertrauensschaden der Mitverschuldenseinwand der Beklagten berechtigt ist, wird schließlich zu beachten sein, dass es dadurch lediglich zu einer Kürzung des Schadenersatzanspruchs des Klägers kommen kann, nicht aber – wie dies das Berufungsgericht implizit angenommen hat – auch zu einer Kürzung der (dem Grunde und der Höhe nach unstrittigen) Gegenforderung der Beklagten, gegen die der Kläger die Aufrechnung erklärt hat.