VwGH: Wiederaufnahme von Aufenthaltstitelverfahren iZm Scheinehe
Wird die Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger, auf die in den von der Behörde zunächst bewilligten Aufenthaltstitelverfahren berufen wurde, mit Urteil eines Gerichtes als Scheinehe qualifiziert, liegen die Voraussetzungen des § 69 Abs 1 Z 1 AVG für die Wiederaufnahme der Verfahren vor
§ 47 NAG, § 69 AVG
GZ Ra 2017/22/0185, 23.11.2017
VwGH: Gem § 69 Abs 1 Z 1 AVG ist ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren wieder aufzunehmen, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist. Unter diesen Voraussetzungen kann gem § 69 Abs 3 leg cit die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs 1 Z 1 stattfinden.
Nach stRsp des VwGH liegt ein "Erschleichen" eines Bescheides dann vor, wenn dieser in der Art zu Stande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dann dem Bescheid zu Grunde gelegt worden sind, wobei die Verschweigung wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist.
Der Revisionswerber berief sich in den von der Behörde zunächst bewilligten Aufenthaltstitelverfahren auf seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin, die mit Urteil des BG Leopoldstadt vom 1. Oktober 2014 als Scheinehe qualifiziert wurde. Die Voraussetzungen des § 69 Abs 1 Z 1 AVG für die Wiederaufnahme der Verfahren lagen somit vor.
Mit dem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision, wonach die Behörde wegen des Verdachts einer Aufenthaltsehe diesbezügliche Ermittlungen eingeleitet habe und ein Strafantrag der Staatsanwaltschaft vom 28. Jänner 2014 sowie das Verhandlungsprotokoll der ersten Hauptverhandlung vom 14. Mai 2014 im Strafverfahren des BG Leopoldstadt vorgelegen seien, zeigt der Revisionswerber nicht auf, inwiefern den Verfahren betreffend die ursprüngliche Erteilung der beantragten Aufenthaltstitel ein Ermittlungsmangel hinsichtlich des Verdachtes einer Aufenthaltsehe anhafte.