OGH: Zur „Durchführung“ eines Zusammenschlusses iSd § 17 KartG
Die „Durchführung“ eines Zusammenschlusses setzt bereits mit der Möglichkeit der Einflussnahme ein; auf den Zeitpunkt der ersten tatsächlichen Einflussnahme kommt es nicht an
§ 17 KartG, Art 7 FKVO, Art 14 FKVO
GZ 16 Ok 2/17f, 07.12.2017
OGH: Nach § 17 KartG darf ein anmeldebedürftiger Zusammenschluss erst dann durchgeführt werden, wenn die Amtsparteien auf einen Prüfungsantrag verzichtet bzw einen solchen Antrag nicht gestellt haben. Eine Legaldefinition des Begriffs „Durchführung“ enthält das Gesetz allerdings nicht.
Auch im europäischen Fusionsrecht darf ein Zusammenschluss nach Art 7 FKVO grundsätzlich weder vor der Anmeldung noch so lange vollzogen werden, bis er für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden ist; auch dieses Verbot ist geldbußenbewehrt (Art 14 Abs 2 lit b FKVO). Der Begriff des Vollzugs wird auch vom europäischen Gesetzgeber nicht definiert.
Ein Zusammenschluss in Form eines Unternehmens-, Rechts- oder Anteilserwerbs wird schon dann „durchgeführt“ (§ 17 Abs 1 KartG), wenn der Zusammenschlusstatbestand so weit verwirklicht ist, dass er dem Erwerber die Möglichkeit der wirtschaftlichen Einflussnahme eröffnet; auf den Zeitpunkt der ersten tatsächlichen Einflussnahme kommt es idZ nicht an. Auch sprechen der Zweck des Durchführungsverbots (die Wirksamkeit der präventiven Fusionskontrolle zu gewährleisten und vollendete Tatsachen zu verhindern, die bei einer späteren Untersagungsentscheidung nur schwer rückgängig zu machen sind) sowie der Gleichklang mit der praktisch einheitlichen Sichtweise im europäischen Rechtsbereich für diesen Standpunkt.
Richtig ist zwar, dass das österreichische Durchführungsverbot keine dem Art 7 Abs 2 und 3 FKVO vergleichbaren Ausnahmen vom Durchführungsverbot kennt; diese fehlende Vorsorge für Ausnahmefälle kann aber in Abwägung mit den Gegenargumenten nicht dazu führen, dass in sämtlichen Zusammenschlussfällen der Zweck der Reglung in den Hintergrund gedrängt wird.