22.01.2018 Zivilrecht

OGH: Analoge Anwendung von § 364a ABGB iZm Wasserschäden durch Austritt von Wasser – zur Frage, ob eine Fernwärmeübergabestation (Wohnungsstation) ein kalkulierbares Risiko ist und ob ein Alleineigentümer als späterer Wohnungseigentümer für die von ihm vor Begründung des Wohnungseigentums veranlassten Maßnahmen wegen § 364a ABGB haftet

Ob eine Gefahrensituation für den, der sie herbeiführt, objektiv erkennbar ist (was vom Geschädigten zu behaupten und zu beweisen ist), kann nur anhand des Einzelfalls beurteilt werden; das Berufungsgericht hat das klägerische Prozessvorbringen dahin ausgelegt, dass im Anlassfall durch das Bestehen der Fernwärmeübergabestation keine besondere Gefahrensituation bestanden hätte, die den Eintritt eines Schadens kalkulierbar gemacht hätte; es handelt sich dabei jedenfalls um keine krasse Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung bedarf; damit kommt es für die Prüfung des § 364a ABGB auch nicht darauf an, ob die beklagte Partei als frühere Alleineigentümerin die Errichtung der Fernwärmeübergabestation veranlasst hat


Schlagworte: Nachbarrecht, behördlich genehmigte Anlage, analoge Anwendung, Entschädigung, Fernwärmeübergabestation / Wohnungsstation, Wasserschäden durch Austritt von Wasser, Wohnungseigentumsrecht, besondere Gefahrensituation
Gesetze:

 

§ 364a ABGB

 

GZ 4 Ob 200/17s, 21.11.2017

 

OGH: Eine analoge Anwendung von § 364a ABGB wird von der Rsp in ähnlichen Fällen zum Teil verneint (vgl etwa 6 Ob 2323/96b [Rauchentwicklung bei Zentralheizungsanlage]; 7 Ob 193/11z [Wasserrohrbruch]), zum Teil bejaht (1 Ob 28/82 [Rohrbruch der Ammoniakzuleitung zu einer Kunsteisbahn]; 1 Ob 48/87 [Wasserrohrbruch]; darauf Bezug nehmend: 8 Ob 48/07b und 5 Ob 82/13i [jeweils Wasserrohrbruch]), wobei in einigen Entscheidungen zu § 364a ABGB eine Haftung selbst dann bejaht wird, wenn – wie hier – keine behördliche Genehmigung einer Anlage vorliegt.

 

Der Umstand, dass die Rsp iZm einer allfälligen analogen Anwendung von § 364a ABGB nachbarrechtliche Haftungsfragen im Allgemeinen und im Besonderen auch bei Schäden, die durch Wasseraustritte, eine Heizungsanlage oder durch ähnliche Ursachen ausgelöst wurden, unterschiedlich beurteilt, begründet im Anlassfall nicht die Zulässigkeit des Rechtsmittels.

 

Selbst wenn man nämlich zugunsten des Klägers jene Rsp heranzieht, die eine analoge Anwendung des § 364a ABGB bei einem vom Nachbargrundstück (von der Nachbarwohnung) ausgelösten Wasserschaden auch dann bejaht, wenn keine behördliche Bewilligung vorliegt, hat das Berufungsgericht die dazu erforderlichen Voraussetzungen im Anlassfall vertretbar verneint.

 

Dieser Judikatur liegt nämlich die Überlegung zugrunde, dass der geschädigte Nachbar der Schadensgefahr ausgeliefert und der Eintritt des Schadens für den Haftpflichtigen ein kalkuliertes Risiko war, das er zu seinem Nutzen eingegangen ist . Neben der Nutzziehung ist daher auch die besondere Gefährlichkeit maßgebliches Kriterium einer auf § 364a ABGB gestützten nachbarrechtlichen Gefährdungshaftung. Durch die Herstellung einer Anlage muss somit eine besondere Gefahrensituation geschaffen worden sein, die auch für den, der die Anlage herstellt oder durch einen Dritten herstellen lässt, Schadensfolgen zumindest objektiv kalkulierbar macht. Um eine reine Erfolgshaftung und damit eine uferlose Haftungsausweitung zu vermeiden, wird in diesen Fällen die objektive Vorhersehbarkeit der Schadensfolgen durch den Schädiger für erforderlich erachtet.

 

Ob aber eine Gefahrensituation für den, der sie herbeiführt, objektiv erkennbar ist (was vom Geschädigten zu behaupten und zu beweisen ist), kann nur anhand des Einzelfalls beurteilt werden. Das Berufungsgericht hat das klägerische Prozessvorbringen dahin ausgelegt, dass im Anlassfall durch das Bestehen der Fernwärmeübergabestation keine besondere Gefahrensituation bestanden hätte, die den Eintritt eines Schadens kalkulierbar gemacht hätte. Es handelt sich dabei jedenfalls um keine krasse Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung bedarf.

 

Damit kommt es für die Prüfung des § 364a ABGB auch nicht darauf an, ob die beklagte Partei als frühere Alleineigentümerin die Errichtung der Fernwärmeübergabestation veranlasst hat.