21.01.2018 Verfahrensrecht

VwGH: Wiedereinsetzungsantrag iZm mittels Web-ERV abgesendeter Revision

Der Rechtsvertreter des Revisionswerbers hat nach seinem Vorbringen darauf vertraut, dass zwischen der Eingabe des Befehls "sofort senden" in die ERV-Software und jenem Zeitpunkt, den die Übermittlungsstelle als Einbringungszeitpunkt rückmeldet, jeweils nur Sekunden oder wenige Minuten vergehen und deshalb keinen Zweifel daran gehabt, dass die vor 14:15 Uhr mittels Web-ERV abgesendete Revision vor 15:00 Uhr von der Übermittlungsstelle übernommen wurde; ob und wann die Übermittlungsstelle nach Eingabe des Sendebefehls rückgemeldet hat, dass sie die Daten der Revision zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH übernommen hat, hat der Rechtsvertreter des Revisionswerbers nicht kontrolliert bzw keine solche Kontrolle kanzleiintern veranlasst; der Rechtsvertreter wäre zu einer solchen Kontrolle der Übermittlung von fristgebundenen Eingaben im Web-ERV verpflichtet gewesen, dies umso mehr, als er das Senden der Revision am letzten Tag der Revisionsfrist knapp vor Ablauf der in § 20 Abs 1 GO-BVwG festgesetzten Amtsstunden veranlasst hat; dass eine rechtzeitige Übermittlung der elektronischen Eingabe im Fall der Kontrolle der Rückmeldung nicht möglich gewesen sei, hat der Revisionswerber weder behauptet, noch bescheinigt


Schlagworte: Wiedereinsetzung, Antrag, Rechtsanwalt, Verschulden, Web-ERV
Gesetze:

 

§ 46 VwGG, § 71 AVG, § 21 BvwGG, § 20 GO-BVwG

 

GZ Ra 2017/01/0041, 13.11.2017

 

VwGH: Gem § 46 Abs 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

 

Das Verschulden des Parteienvertreters trifft nach stRsp des VwGH die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen. Ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt.

 

Nach der Rsp des VwGH hat ein beruflicher rechtskundiger Parteienvertreter seine Kanzlei so zu organisieren, dass nach menschlichem Ermessen die Versäumung von Fristen ausgeschlossen ist. Dazu gehört auch, dass sich der Parteienvertreter bei der Übermittlung von Eingaben im elektronischen Weg vergewissert, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde. Unterbleibt diese Kontrolle aus welchen Gründen auch immer, stellt dies ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden dar. Diese in der Rsp entwickelten Leitlinien, die allgemein dem Umstand Rechnung tragen, dass die Sendung von Eingaben im elektronischen Wege fehleranfällig ist, lassen sich auch auf die Übermittlung von Eingaben im Web-ERV übertragen.

 

Der Rechtsvertreter des Revisionswerbers hat nach seinem Vorbringen darauf vertraut, dass zwischen der Eingabe des Befehls "sofort senden" in die ERV-Software und jenem Zeitpunkt, den die Übermittlungsstelle als Einbringungszeitpunkt rückmeldet, jeweils nur Sekunden oder wenige Minuten vergehen und deshalb keinen Zweifel daran gehabt, dass die vor 14:15 Uhr mittels Web-ERV abgesendete Revision vor 15:00 Uhr von der Übermittlungsstelle übernommen wurde. Ob und wann die Übermittlungsstelle nach Eingabe des Sendebefehls rückgemeldet hat, dass sie die Daten der Revision zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH übernommen hat, hat der Rechtsvertreter des Revisionswerbers nicht kontrolliert bzw keine solche Kontrolle kanzleiintern veranlasst. Ausgehend von der oben angeführten Judikatur wäre der Rechtsvertreter zu einer solchen Kontrolle der Übermittlung von fristgebundenen Eingaben im Web-ERV verpflichtet gewesen, dies umso mehr, als er das Senden der Revision am letzten Tag der Revisionsfrist knapp vor Ablauf der in § 20 Abs 1 GO-BVwG festgesetzten Amtsstunden veranlasst hat. Dass eine rechtzeitige Übermittlung der elektronischen Eingabe im Fall der Kontrolle der Rückmeldung nicht möglich gewesen sei, hat der Revisionswerber weder behauptet, noch bescheinigt.

 

Mit dem Wiedereinsetzungsantrag wurde daher nicht dargetan, dass dem Revisionswerber an der Versäumung der Revisionsfrist kein ihm zurechenbares Verschulden seines Rechtsvertreters oder ein lediglich minderer Grad des Versehens anzulasten ist.

 

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gem § 46 Abs 1 und Abs 4 VwGG abzuweisen und die vorliegende am letzten Tag der Revisionsfrist mittels elektronischen Rechtsverkehrs beim BVwG eingebrachte Revision wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.