14.01.2018 Verfahrensrecht

VwGH: Zur Frage des Vorgehens der Behörde, wenn dieser einerseits eine Verletzung der Entscheidungspflicht vorgeworfen wird und andererseits die Behörde davon ausgeht, dass ein Antrag zurückgezogen wurde, und ob bei einer derartigen Konstellation eine bescheidmäßige Feststellung im öffentlichen Interesse begründet ist

Die Gefahr allenfalls drohender Amtshaftungsansprüche wegen Verletzung der Entscheidungspflicht vermag kein öffentliches Interesse an der Feststellung, dass ein Antrag zurückgezogen worden ist, zu begründen


Schlagworte: Feststellungsbescheid, Zurückziehung eines Antrages, Verletzung der Entscheidungspflicht, Säumnisantrag, öffentliches Interesse, drohende Amtshaftungsansprüche
Gesetze:

 

§ 56 AVG, Art 132 B-VG, Art 130 B-VG, Art 133 B-VG

 

GZ Ra 2017/06/0189, 24.10.2017

 

VwGH: Das VwG ging im Einklang mit der stRsp des VwGH zur Frage der Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden davon aus, dass die amtswegige Erlassung eines gesetzlich nicht vorgesehenen Feststellungsbescheides zulässig ist, wenn dieser im öffentlichen Interesse liegt. In dieser Hinsicht wurde dargelegt, dass ein öffentliches Interesse an der gegenständlichen Feststellung nicht erkannt werden könne, zumal die strittige Frage eines weiterhin der Entscheidungspflicht unterliegenden Bauansuchens im Rahmen eines über Säumnisantrag des Mitbeteiligten zu führenden Verfahrens geklärt werden könne.

 

Die revisionswerbende Partei tritt den zutreffenden Ausführungen des VwG, wonach die Frage einer allenfalls weiterhin bestehenden Entscheidungspflicht in Bezug auf das Bauansuchen vom 19. Dezember 2013 im Rahmen eines Säumnisbeschwerdeverfahrens geklärt werden könne, nicht entgegen. Auch die von der revisionswerbenden Partei in ihrer Revision erstmals ins Treffen geführte Gefahr allenfalls drohender Amtshaftungsansprüche wegen Verletzung der Entscheidungspflicht vermag kein öffentliches Interesse an der gegenständlichen Feststellung zu begründen.

 

Im Übrigen hat der VwGH zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz mit 1. Jänner 2014 ausgesprochen, dem AVG sei nicht zu entnehmen, dass im Fall der Zurückziehung einer (Maßnahmen)Beschwerde hierüber ein gesonderter bescheidmäßiger Abspruch zu ergehen hätte; in einem solchen Fall ist das Verfahren grundsätzlich formlos einzustellen. Eine bescheidmäßige Feststellung der gegenständlichen Art ("Die Beschwerde wurde zurückgezogen") habe auch dann zu unterbleiben, wenn es strittig sein sollte, ob tatsächlich eine Zurückziehung der Beschwerde erfolgte. Gegebenenfalls könne diese Frage durch Erhebung einer Beschwerde an den VwGH nach Art 132 B-VG einer Klärung zugeführt werden. Diese Rsp kann auf die (allenfalls erfolgte) Zurückziehung des im Revisionsfall gegenständlichen verfahrenseinleitenden Antrages und auf die geltende Rechtslage, nach welcher die Frage der tatsächlich erfolgten Zurückziehung eines solchen Antrages durch Erhebung einer Beschwerde an das VwG nach Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG einer Klärung zugeführt werden kann, übertragen werden.