OGH: Zur Geltung des KHVG für einen Zweiwegebagger
Für einen Zweiwegebagger, der sowohl auf der Straße als auch auf Eisenbahnschienen fahren kann, gilt das KHVG bei der Verwendung als Schienenfahrzeug nicht
§ 1 KHVG, § 4 KHVG, § 1 EKHG, § 36 EisbG, § 40 EisbG
GZ 2 Ob 73/17z, 27.11.2017
OGH: Gem § 1 Abs 1 KHVG gilt das KHVG ua für die Haftpflichtversicherung von Fahrzeugen, die nach den Vorschriften des KFG zum Verkehr zugelassen sind. Das trifft auf den gegenständlichen Zweiwegebagger zu. Der Begriff des „Verwendens“ eines Fahrzeugs (§ 2 Abs 1 KHVG) ist auch weiter ist als jener des „Betriebs“ in § 1 EKHG. Da hier der Bagger faktisch auf der Baustelle „verwendet“ wurde, deckt sich dies mit dem Wortlaut dieser Bestimmungen.
Allerdings setzt die Haftung aus der Kfz-Haftpflichtversicherung voraus, dass der Schaden iZm der für das Kfz typischen Gefahr steht. Als solche typische Gefahr ist gem § 4 Abs 1 Z 4 KHVG auch die Verwendung als ortsgebundene Kraftquelle anzusehen, da sonst der in dieser Bestimmung ermöglichte Haftungsausschluss keinen Anwendungsbereich hätte. Auf die Verwendung als Schienenfahrzeug lässt sich dieser Anwendungsbereich aber nicht erstrecken: Der Schaden wurde im konkreten Fall bei einer Verwendung als Schienenfahrzeug verursacht. Diese Verwendung unterlag dem Eisenbahnrecht, wobei § 36 Abs 1 Z 3 EisbG die Inbetriebnahme nur unter der Leitung einer im Verzeichnis nach § 40 EisbG geführten Person gestattete.
Primärer Zweck der Haftpflichtversicherung nach dem KHVG ist die Abdeckung der typischen Gefahren, die mit der Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verbunden sind. Zwar geht das KHVG über diese Zielsetzung hinaus und erfasst von vornherein jeden Betrieb iSv § 1 EKHG, lässt aber auch in § 4 Abs 1 Z 4 KHVG einen Haftungsausschlusses für die nicht unter das EKHG fallende Nutzung als ortsgebundene Kraftquelle zu. Insofern besteht aber noch immer ein Zusammenhang mit der typischen Gefahr eines Kfz oder Anhängers. Bei einer Verwendung als Schienenfahrzeug gilt das nicht. Denn diese Verwendung begründet eine Gefahr, die - anders als die Verwendung als ortsgebundene Kraftquelle - betriebs- und haftungsrechtlich gesondert geregelt ist (EisbG; EKHG) und die nach den Wertungen des Kraftfahrrechts jedenfalls nicht als Gefahr eines Kfz anzusehen ist. Der Regelungszweck des KHVG kann eine solche Verwendung daher selbst bei weitestem Verständnis nicht mehr erfassen.