VwGH: "Fixie"-Fahrrad – zur Frage, ob der starre Gang (die starre Nabe) eine Bremsvorrichtung iSd Fahrradverordnung ist
Die starre Nabe ist nicht als Bremsvorrichtung iSd Fahrradverordnung einzustufen
§ 1 FahrradV, § 66 StVO
GZ Ro 2016/02/0006, 17.11.2017
VwGH: Gem § 1 Abs 1 Ziffer 1 der Fahrradverordnung idgF muss jedes Fahrrad, das in Verkehr gebracht wird, mit zwei voneinander unabhängig wirkenden Bremsvorrichtungen ausgerüstet sein, mit denen auf trockener Fahrbahn eine mittlere Bremsverzögerung von 4 m/s2 bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 20 km/h erreicht wird.
Die Fahrradverordnung richtet sich einerseits an jene Personen, die Fahrräder in Verkehr bringen, anderseits normiert die Fahrradverordnung im Zusammenhalt mit § 66 Abs 1 zweiter Satz StVO auch Lenkerpflichten, die dann eintreten, wenn ein Fahrrad auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet wird.
Das revisionsgegenständliche Fahrrad ist unstrittig mit einer Vorderradbremse ausgestattet. Um den Anforderungen der Fahrradverordnung nach "zwei voneinander unabhängig wirkenden Bremsvorrichtungen" zu genügen, stellt sich die vom VwGH bisher in seiner Rsp nicht beantwortete Rechtsfrage, ob der "starre Gang" bzw die "starre Nabe" eines sog "Fixed-Gear-Bike" als Bremsvorrichtung iSd Fahrradverordnung anzusehen ist.
Die starre Nabe ist aus nachstehenden Gründen nicht als Bremsvorrichtung iSd Fahrradverordnung einzustufen.
Entgegen den Ausführungen der mitbeteiligten Partei sieht die Fahrradverordnung keine lediglich finale Determinierung im Hinblick auf die geforderte Bremsleistung vor. Es ist nicht entscheidend, dass die mitbeteiligte Partei durch individuelles Geschick und Körperkraft die in § 1 Abs 1 Z 1 Fahrradverordnung angeführten Werte erreicht.
Die bloße Möglichkeit, durch Körperkraft (Verlangsamung des Trittes, Blockieren der Räder durch Beinstarre) eine Verzögerung oder Blockade der Radumdrehung herbeizuführen, schafft noch keine Einrichtung, die als Bremsvorrichtung bezeichnet werden kann.
Die Wirkung der Bremsverzögerung bei der starren Nabe hängt allein vom Einsatz der jeweiligen Körperkraft und dem individuellen Geschick des Lenkers ab. Die starre Nabe ist somit primär als Antriebsmechanismus und nicht als (eigenständige) Bremsvorrichtung iSd Fahrradverordnung anzusehen.
Bei einer Bremsvorrichtung iSd § 1 Abs 1 Z 1 Fahrradverordnung muss es sich vielmehr um einen eigenen Ausrüstungsgegenstand am Fahrrad handeln, der - wie schon aus dem Begriff "Bremsvorrichtung" ableitbar ist - ausschließlich dem Bremsen eines Fahrrades dient.