OGH: Zum Verbraucherschutz beim Abschluss eines Vergleichs mit dem Bürgen
Bei einem Vergleich kann ein gültiges Grundverhältnis jedenfalls dann fehlen, wenn gerade Zweifel über dessen Bestehen bzw Wirksamkeit (zB Sittenwidrigkeit) die Grundlage für den Vergleich bildet; ein Rückgriff auf an sich unverzichtbare Einwendungen aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis ist dann nicht mehr möglich
§ 1380 ABGB, § 879 ABGB, § 25c KSchG
GZ 8 Ob 108/17s, 25.10.2017
OGH: Für die Frage, ob einem Vergleich Novationswirkung zukommt, kommt es darauf an, ob aufgrund der festgestellten Umstände davon auszugehen ist, dass bei objektiver Betrachtung nach dem übereinstimmenden Parteiwillen bei Abschluss des Vergleichs aufgrund strittiger Rechtspositionen von der Schaffung eines neuen Rechtsgrundes auszugehen ist.
Hier sollten mit einem Vergleich, bei dessen Abschluss der Bürge durch einen Rechtsanwalt vertreten war, Meinungsverschiedenheiten über die Verletzung der Aufklärungspflicht durch die Bank bei Begründung der ursprünglichen Bürgschaft sowie über das Vorliegen einer das Mäßigungsrecht auslösenden Interzession ausgeräumt werden. Das Ergebnis (nur eine Ausfallsbürgschaft und Beschränkung der Haftungssumme) bestand in einer Neufestlegung der strittigen Ansprüche bei beiderseitigem Nachgeben und begründet den typischen Fall einer Novation.
Bei einem Vergleich kann ein gültiges Grundverhältnis jedenfalls dann fehlen, wenn gerade Zweifel über dessen Bestehen bzw Wirksamkeit (zB bei einem Sittenwidrigkeitseinwand) die Grundlage für den Vergleich bildet. In einem solchen Fall ist ein Rückgriff auch auf an sich unverzichtbare Einwendungen aus dem ursprünglichen Schuldverhältnis nicht mehr möglich. Unter den genannten Voraussetzungen ist ein Vergleich somit jedenfalls wirksam. Der Grundsatz, dass durch einen Vergleich die verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften nicht umgangen werden dürfen, führt (nur) zum Ergebnis, dass grundsätzlich - soweit es sich nicht um Einwände oder Umstände handelt, die Gegenstand der Bereinigungswirkung sind - auch der Neuerungsvertrag für sich einer Überprüfung nach den einschlägigen verbraucherschutzrechtlichen Bestimmungen zugänglich ist.