VwGH: Zur Anwendung von § 21 Abs 2a OÖ ROG iZm emissionsneutraler bzw emissionsarmer Betriebserweiterung
Es kann der Ansicht des VwG nicht gefolgt werden, dass für Betriebe mit industriellem Produktionscharakter, die nach der BTypVO nur in der Widmungskategorie Betriebsbaugebiet und nicht im gemischten Baugebiet zulässig sind, in dem Falle, dass eine Erweiterung des Betriebes auf einer Fläche mit der Widmungskategorie gemischtes Baugebiet vorgesehen ist, § 21 Abs 2a OÖ ROG nicht anzuwenden wäre
§ 21 OÖ ROG, BTypVO
GZ Ro 2015/05/0024, 26.09.2017
VwGH: § 21 Abs 2a OÖ ROG kommt bei Vorliegen folgender zwei Voraussetzungen zur Anwendung. Zum einen muss es sich um die Errichtung von Teilen eines Betriebes handeln, die sich emissionsseitig wesentlich von der Betriebstype dieses Betriebes unterscheiden (wie Büro- oder Lagernutzungen); zum anderen muss es um die Errichtung derartiger Teile eines Betriebes in einer Widmungskategorie gehen, die nicht der Betriebstype dieses Betriebes entspricht.
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der in der Einleitung zur Anlage 1 der BTypVO enthaltenen Anordnung, dass Betriebe, die nach der Anlage 1 den Widmungskategorien B/M zugeordnet sind, im gemischten Baugebiet dann nicht zulässig sind, wenn sie einen industriellen Produktionscharakter aufweisen. Aus dieser Anordnung ergibt sich für den verfahrensgegenständlichen Betrieb der Revisionswerberin mit industriellem Produktionscharakter, dass die Widmungskategorie gemischtes Baugebiet eine solche ist, die nicht der Betriebstype dieses Betriebes entspricht. Die Widmungskategorie, die dem vorliegenden Getränkeerzeugungsbetrieb mit industriellem Produktionscharakter von der Betriebstype her entspricht, ist die Widmungskategorie Betriebsbaugebiet. Es ist daher die Voraussetzung des § 21 Abs 2a OÖ ROG im vorliegenden Fall erfüllt, dass die Errichtung von Teilen eines Betriebes in einer Widmungskategorie beantragt ist, die nicht der Betriebstype dieses Betriebes entspricht. Es kann somit der Ansicht des VwG nicht gefolgt werden, dass für Betriebe mit industriellem Produktionscharakter, die nach der BTypVO nur in der Widmungskategorie Betriebsbaugebiet und nicht im gemischten Baugebiet zulässig sind, in dem Falle, dass eine Erweiterung des Betriebes - wie im vorliegenden Fall - auf einer Fläche mit der Widmungskategorie gemischtes Baugebiet vorgesehen ist, § 21 Abs 2a OÖ ROG nicht anzuwenden wäre.
Für diese Auslegung des § 21 Abs 2a OÖ ROG sprechen auch die von der Revisionswerberin zutreffend angeführten Gesetzesmaterialien zu der Novelle des ROG aus dem Jahre 2015.
Darin wird Folgendes ausgeführt:
"Zu Art I Z 28 (§ 21 Abs 2a):
Derzeit besteht eine rechtlich unbefriedigende Situation für angestrebte Entwicklungen und Erweiterungen von Betrieben. Nach der stRsp des VwGH ist von der Einheit der Betriebstype auszugehen, sodass auch für geplante nicht wesentlich störende Betriebserweiterungen (zB Lager und Büro) dieselben Widmungsvoraussetzungen wie für die bestehenden (emissionsstärkeren) Betriebsanlagenteile erfüllt werden müssen. Dadurch wurden in der Vergangenheit beispielsweise auch emissionsneutrale bzw emissionsarme Betriebsentwicklungen erschwert oder verhindert.
Durch diese Novellierung sollen va betriebliche Erweiterungen, aber in Einzelfällen auch Neuansiedlungen durch räumlich-funktionale Gliederungen, etwa durch Zonierungen in Produktion im Betriebsbaugebiet, Verwaltung, Büro und Lager im eingeschränkten gemischten Baugebiet, ausdrücklich ermöglicht werden. Damit soll insbesondere eine Absicherung bestehender Betriebsstandorte unter Wahrung der Nachbarrechte gewährleistet und den Gemeinden mehr Planungsspielraum bei Neuansiedlungen eingeräumt werden. Mit dieser gesetzlichen Neuregelung wird somit künftig vom judizierten Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage abgegangen."
Mit dieser Novelle wollte der Landesgesetzgeber eine Einschränkung des vom VwGH iZm der Betriebstypenprüfung judizierten Grundsatzes der Einheit des Betriebes dahingehend erreichen, dass emissionsneutrale bzw emissionsarme Betriebsentwicklungen auch in anderen Widmungskategorien als jener, der der Betrieb an sich zuzuordnen ist, möglich sein sollen. Der Gesetzgeber bezog sich damit auf alle Fälle von emissionsarmen bzw -neutralen Teilen von Betrieben, deren Errichtung nunmehr auch auf Grundstücken mit einer Widmungskategorie zulässig sein soll, der der Betriebstyp dieses Betriebes nicht entspricht.
Das VwG hätte somit § 21 Abs 2a OÖ ROG anzuwenden gehabt und allenfalls unter Heranziehung von Sachverständigen prüfen müssen, ob die in Frage stehenden Teile des Betriebes als solche zu qualifizieren sind, die sich emissionsseitig wesentlich von der Betriebstype dieses Betriebes unterscheiden. Inwiefern sich die in Frage stehenden Teile eines Betriebes emissionsseitig von der Betriebstype unterscheiden müssen, zeigt der Gesetzgeber insofern näher auf, als er als Beispiel für derartige emissionsseitig wesentlich unterschiedliche Betriebsteile im Gesetzestext selbst die Büro- oder Lagernutzung anführt.
Wäre dies zu bejahen, wäre weiters gem § 21 Abs 2a OÖ ROG unter allfälliger Heranziehung von Sachverständigen die Frage zu behandeln, ob diese Teile des Betriebes für sich betrachtet in der Widmungskategorie gemischtes Baugebiet zulässig sind.