03.12.2017 Verfahrensrecht

VwGH: Auslegung von Parteianbringen

Dem Geist des AVG ist ein übertriebener Formalismus fremd, weswegen auch bei der Auslegung von Parteianbringen iSd § 13 AVG kein streng formalistischer Maßstab anzulegen ist; wenn sich der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens als unklar erweist, ist die Behörde entsprechend den ihr gem § 37 iVm § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern


Schlagworte: Anbringen, Auslegung, Verwaltungsgericht
Gesetze:

 

§ 13 AVG, § 37 AVG, § 39 AVG, § 17 VwGVG

 

GZ Ra 2017/19/0068, 20.09.2017

 

VwGH: Wie der VwGH bereits - zum gem § 17 VwGVG auch vom VwG anzuwendenden § 13 AVG - ausgesprochen hat, kommt es bei der Auslegung von Parteianbringen auf das aus diesen erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Dem Geist des AVG ist ein übertriebener Formalismus fremd, weswegen auch bei der Auslegung von Parteianbringen iSd § 13 AVG kein streng formalistischer Maßstab anzulegen ist. Wenn sich der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens als unklar erweist, ist die Behörde entsprechend den ihr gem § 37 iVm § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern.

 

Das vom Jugendhilfeträger übermittelte Email vom 14. Dezember 2016, in welchem sich der gesetzliche Vertreter des Revisionswerbers der von der ARGE erhobenen Beschwerde "anschloss", ist klar als Genehmigung der Bevollmächtigung der Einschreiterin zu verstehen.

 

Somit erweist sich der Mängelbehebungsauftrag vom 22. Dezember 2016 zur Vorlage einer Vollmacht des gesetzlichen Vertreters an die ARGE zur Klärung der Beschwerdelegitimation als verfehlt und macht damit die angefochtene Entscheidung rechtswidrig. Die Beschwerde war nämlich sowohl unter der Annahme einer Prozessfähigkeit des Revisionswerbers als auch bei deren Vernehmung als zulässig zu werten.

 

Im fortgesetzten Verfahren wird nunmehr der Umstand zu berücksichtigen sein, dass das Geburtsdatum des Revisionswerbers im zwischenzeitig aufgefundenen Reisepass mit 1. Jänner 1993 aufscheint.