OGH: Mitverschulden bei fehlerhafter Anlageberatung
Bei fehlerhafter Anlageberatung kann ein Mitverschulden nach den Umständen des Einzelfalls in Betracht kommen, wenn dem Kunden die Unrichtigkeit der Beratung hätte auffallen müssen, sei es aufgrund eigener Fachkenntnisse, oder weil er deutliche Risikohinweise nicht beachtet und Informationsmaterial nicht gelesen hat
§ 1304 ABGB, §§ 1295 ff ABGB
GZ 10 Ob 30/17k, 10.10.2017
OGH: Bei fehlerhafter Anlageberatung kann ein Mitverschulden nach den Umständen des Einzelfalls in Betracht kommen, wenn dem Kunden die Unrichtigkeit der Beratung hätte auffallen müssen, sei es aufgrund eigener Fachkenntnisse, oder weil er deutliche Risikohinweise nicht beachtet und Informationsmaterial nicht gelesen hat. Das Berufungsgericht hat den vom Revisionswerber hervorgehobenen Umstand, dass die Klägerin Akademikerin ist, ohnedies berücksichtigt. Die Klägerin hat jedoch keine Wirtschaftsausbildung oder einschlägige unternehmerische Ausbildung erworben. Sie zog gerade auch deshalb den Beklagten zur Beratung in Vermögensangelegenheiten für ihre Pensionsvorsorge bei, den sie im Zeitpunkt des Abschlusses der in diesem Verfahren zu behandelnden Veranlagungen bereits seit mehreren Jahren kannte, den sie im Familienkreis weiterempfahl und dessen Fachkenntnissen sie – wie ihr Gatte – vertraute. Infolge dieses Vertrauens setzte sie sich daher auch nicht mit den auf der Rückseite der Antragsformulare befindlichen Risikohinweisen auseinander. Sie wurde vom Beklagten aber auch nicht hingewiesen; dieser kam zu den Gesprächen mit der Klägerin vielmehr stets mit bereits vorbereiteten, zum Teil auch schon im Voraus ausgefüllten bzw angekreuzten Formularen, die von der Klägerin unterschrieben wurden. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass ein – gegenüber der Pflichtverletzung des Anlageberaters ins Gewicht fallendes – Mitverschulden der Klägerin nicht anzunehmen ist, ist vor diesem Hintergrund im Einzelfall vertretbar.